piwik no script img

Vorzeige-Hamburger mit Maulkorb

■ DVU-Wahlveranstaltung in Rahlstedt/ Der Spitzenkandidat hatte nichts zu sagen

Farblos, sprachlos – eine Marionette, die an den Fäden der Münchner Parteizentrale hängt. So präsentierte sich der Spitzenkandidat der rechtradikalen Deutschen Volksunion (DVU), Rudolf Reimers, gestern im Rahlstedter Hotel „Eggers“ den Medien. Die aus München und Bremen herbeigeeilten DVU-Reisekader achteten penibel darauf, daß kein veräterisches Wort die wortkargen Lippen ihres Vorzeige-Hamburgers verläßt.

Die JournalistInnen, die darauf bestanden, daß der Hamburger Spitzenkandidat der DVU ihre Fragen beantwortete, wurden vom DVU-Chef-Demagogen Bernhard Dröse mit Rausschmiß bedroht: „Wenn es Ihnen nicht paßt, daß wir unsere Pressekonferenz machen, wie wir wollen, darf ich Sie bitten, sich zu verabschieden“.

Und dann durfte Reimers schließlich doch einige wenige Antworten selbst geben: Was wollen sie politisch in der Bürgerschaft bewegen? Reimers: „Wir haben da unsere Fachleute, das werden wir beraten, wenn wir in die Bürgerschaft eingezogen sind“. Wie stehen sie zum Nationalsozialismus? Reimers: „Das ist kein Thema für uns, das ist alles vorbei“. Was ist Ihr politischer Schwerpunkt nach der Wahl? Reimers: „Die Staatsverschuldung zu bremsen, indem wir den Ausländeranteil reduzieren“.

Die mangelnde Fähigkeit des Spitzenkandidaten, in vollständigen Sätzen zu reden, wertete der aus der Münchner Parteizentrale angereiste Bernhard Dröse als Beweis, daß „bei uns keine abgehobenen Vollblutpolitiker, sondern Menschen aus dem Volk, die reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist“, das Sagen haben. Dröse: „Das ist der Politikertyp der Zukunft“.

Die DVU hatte ihre erste Hamburger Pressekonferenz bis kurz vor Veranstaltungsbeginn geheimgehalten. Auch die Polizei hatte nach eigener Auskunft erst eine knappe halbe Stunde nach dem Anfang der Pressekonferenz von dem Werbeaufmarsch der Rechtspartei Wind bekommen. Erst als schon alles vorbei war, rückten vier vollbesetzte Mannschaftswagen an, um, nach Auskunft des polizeilichen Einsatzleiters, „den Veranstaltungsort vor einer möglichen Gegen-Demonstration zu schützen“. Doch auch der Hamburger Antifa-Szene war der Termin offenbar verborgen geblieben.

Die Geschäftsführerin des Rahlstedter Hotels, Sabine Eggers, distanzierte sich aus Angst „vor negativen Auswirkungen für's Geschäft“ von der Veranstaltung in ihrem Haus. Die DVU hätte die Räume erst am Tag zuvor angemietet. Ihrer Mutter, die die Reservierung entgegen genommen hätte, sei nicht klar gewesen, was für eine Organisation die DVU sei. Später habe sie die Raumzusage dann „nicht mehr rückgängig machen“ wollen. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen