Vorwürfe gegen Christian Wulff: Filmfinanzier sichert Beweise
Wulff will einen von einem Filmfinanzier gebuchten Urlaub bar bezahlt haben. Doch warum weist der Unternehmer später das Hotel an, über den Besuch zu schweigen?
![](https://taz.de/picture/228289/14/wulff23.jpg)
BERLIN taz | Wieder einmal sieht sich der Anwalt des Bundespräsidenten genötigt, einen Urlaub Christian Wulffs zu rechtfertigen. Wulff habe die Kosten eines Wochenendes auf Sylt "in voller Höhe" selbst bezahlt, teilte Gernot Lehr am Mittwoch mit. Und: Zwar habe der Filmfonds-Manager David Groenewold das Pauschalangebot für sich, Wulff und dessen Frau Bettina gebucht - Wulff habe die Kosten aber bar beim Auschecken erstattet.
Die neueste Wendung in der Affäre ist nicht allein ein unklarer Freundschaftsdienst. Erstmals steht der Vorwurf im Raum, dass ein Freund Wulffs gezielt Beweise verschwinden lässt, die den Präsidenten in die Bredouille bringen könnten.
Die Bild-Zeitung veröffentlichte am Mittwoch Details über die Sylt-Tage im Jahr 2007. Die Suite im Hotel Stadt Hamburg (HSH), die die Wulffs damals nutzten, kostete nach dem Bericht 258 Euro. Groenewold finanzierte diese Kosten mit der Buchung vor, wie der Anwalt bestätigte.
Wulff gab Groenewold also fast 800 Euro in Cash. Dies allein ist ungewöhnlich. Warum keine Überweisung, durch die der damalige Ministerpräsident zweifelsfrei beweisen könnte, dass er alles selbst gezahlt hat?
Maulkorb für Mitarbeiter
Doch es ist nicht die einzige Merkwürdigkeit. Filmfinanzier Groenewold war es auch, der Wulff 2008 ein Zimmer-Upgrade auf dem Oktoberfest in München bezahlt hatte. Offenbar schwante ihm im Januar, dass der Sylt-Urlaub zu kritischen Nachfragen führen könnte.
Am 16. Januar, berichtet Bild, rief er im HSH an. Und wies Mitarbeiter an, keine Daten zu seinem Aufenthalt herauszugeben. In einer internen Aufgabenliste des Hotels für Mitarbeiter heißt es: Groenewold sei mit Wulff im HSH gewesen und habe den gesamten Aufenthalt übernommen. "Falls also Bild oder Spiegel anruft, wir wissen von nichts!"
Am 19. Januar thematisierte die SPD im Landtag Niedersachsens die Beziehungen von Wulff und vom Land mit Groenewold. Ausgerechnet am gleichen Tag buchte sich Groenewold laut Bild erneut auf Sylt im HSH ein. Und forderte Mitarbeiter auf, ihm Belege zu dem gut vier Jahre zurückliegenden Urlaub auszuhändigen. Ein Manager gab ihm Anreiselisten, Meldescheine und Verzehrquittungen. Wenn das stimmt, wären Beweise über den Urlaub in Groenewolds Hand.
Anwalt Lehr schreibt: Wulff habe davon keine Kenntnis gehabt und "hielte eine solche Vorgehensweise in jeder Hinsicht für falsch". Auch Groenewold nahm über seinen Anwalt Stellung. Der bestätigte, dass der Unternehmer das Hotel gebeten habe, gegenüber der Presse Diskretion zu wahren. Es habe aber "nicht mal ansatzweise" den Versuch gegeben, etwas zu vertuschen, sagte der Anwalt.
Groenewold habe zu keinem Zeitpunkt darum gebeten, die Unterlagen zum Aufenthalt "zu vernichten, zu manipulieren oder Ähnliches". Damit dementierte er, was Bild nie behauptet hatte. Bei dem Sylt-Besuch im Januar, so der Anwalt weiter, habe Groenewold nur "Kopien aus Rechnungsunterlagen" gefertigt.
Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft, ob in der Affäre ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Wäre richtig, dass Groenewold sich die Papiere besorgt habe, "ist das ein neuer Aspekt", sagte ein Sprecher der taz. Er werfe möglicherweise ein anderes Licht auf den Sachverhalt.
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