Vorwahlen der US-Demokraten: Biden räumt bei Super Tuesday ab
Nach der Wahl in 14 US-Bundesstaaten bleiben bei den Demokraten de facto zwei Präsidentschaftskandidaten übrig: Bernie Sanders und Joe Biden.
Der linke Senator Bernie Sanders, der sich nach den ersten drei Vorwahlen als Favorit hatte etablieren können, hat lediglich in seinem kleinen Heimatstaat Vermont, in Utah und Colorado die meisten Stimmen auf sich vereinen können. In Kalifornien und Texas, den beiden Staaten mit den meisten zu vergebenden Delegierten, wurde am frühen Morgen europäischer Zeit noch ausgezählt. In Texas lag Biden knapp vorn, in Kalifornien Sanders deutlich.
Zwar wird der Vorsprung an Delegierten, den Biden aus diesem Wahltag ziehen kann, nicht überwältigend sein – womöglich liegt sogar Sanders nach wie vor vorne, wenn er in Kalifornien tatsächlich mit über 10 Prozentpunkten Unterschied gewinnt.
Seit die Demokraten die Delegierten proportional unter allen Kandidat*innen verteilen, die mindestens 15 Prozent der Stimmen bekommen, ist die Frage, wer – womöglich knapp – einen Bundesstaat gewonnen hat, nicht mehr so entscheidend wie früher, als noch das The-Winner-takes-it-all-Prinzip galt. Wer genau wie viele Delegierte gewonnen hat, wird aufgrund der zum Teil komplizierten Verfahren erst in ein paar Tagen klar sein.
Bloomberg verliert
Allerdings hatte Sanders darauf gehofft, sich durch sehr klare Siege in Kalifornien und Texas mit ihren großen Latino-Bevölkerungsanteilen einen deutlichen Vorsprung erarbeiten zu können. Das hat nicht geklappt. Zwar hat er unter Latino-Wähler*innen die meisten Stimmen. Aber Sanders' Vorsprung unter Latinos ist kleiner als Bidens Vorsprung unter Schwarzen und Bidens Vorsprung auf Sanders in den Südstaaten ist größer als Sanders' Vorsprung in den Staaten mit Latino-Bevölkerung.
Empfohlener externer Inhalt
Und: Sanders hat zwar die Unterstützung der großen Mehrheit von jungen Demokratischen Wähler*innen, die sich mit seiner „Revolution“ identifizieren. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen aber liegt Biden klar vorne – und aller Erfahrung nach gehen die Alten wählen, während die Jungen am Wahltag eher zu Hause bleiben.
Und da war ja auch noch Michael Bloomberg. Der Multimilliardär und frühere New Yorker Bürgermeister, der in den ersten vier Vorwahlen nicht angetreten war, aber mit 561 Millionen US-Dollar aus seinem eigenen Vermögen mehr Geld für Spots und Wahlwerbung in den Super-Tuesday-Staaten ausgegeben hatte als alle anderen Kandidat*innen zusammen, konnte keinen einzigen Bundesstaat gewinnen. Lediglich in sechs Bundesstaaten kam er auf über 15 Prozent und konnte überhaupt Delegierte erringen.
Auch Bloomberg hatte sich in den zwei TV-Debatten, an denen er hatte teilnehmen können, deutlich als Anti-Sanders-Kandidat positioniert, so dass zumindest in der gängigen politischen Arithmetik sein Wähleranteil eher dem Biden- als dem Sanders-Lager zuzurechnen wäre. Sollte Bloomberg jetzt aus dem Rennen ausscheiden, wird der Weg zur Nominierung für Sanders noch steiniger.
Biden und Sanders bleiben übrig
Noch schlechter schnitt Elizabeth Warren ab. Die progressive Senatorin konnte nur in fünf Bundesstaaten überhaupt Delegierte gewinnen. Selbst in ihrem eigenen Bundesstaat Massachusetts, für den sie seit 2013 im Senat sitzt, kam sie mit 22 Prozent der Stimmen nur auf den dritten Platz, hinter Biden mit 33 und Sanders mit 27 Prozent. Der Druck auf sie, ihre Kandidatur jetzt zu beenden, wird mit diesem Dienstag enorm steigen.
Nach den ersten drei Vorwahlen war Biden fast abgeschrieben worden. Das änderte sich in der vergangenen Woche mit den Vorwahlen in South Carolina. Biden wurde vom einflussreichen Schwarzen Abgeordneten Jim Clyburn unterstützt und gewann die Vorwahlen in South Carolina haushoch.
Anschließend schieden nicht nur der Milliardär Tom Steyer aus dem Rennen aus, sondern auch Pete Buttigieg und Amy Klobuchar. Beide kündigten ihre Unterstützung für Biden an, der damit automatisch zum Anti-Sanders-Kandidaten avancierte. Das hat sich jetzt weit über seinen Vorsprung bei Schwarzen Wähler*innen hinaus ausgezahlt.
De facto sind die Vorwahlen mit dem Super Tuesday zu einem Wahlkampf zwischen nur noch zwei Kandidaten geworden: Joe Biden gegen Bernie Sanders. Biden hat jetzt einen unglaublichen Schub bekommen und wird als Anti-Sanders-Kandidat die Unterstützung des Parteiapparats hinter sich haben. Sanders hingegen hat eine über Jahre aufgebaute Bewegung, eine hervorragende Wahlkampforganisation und mehr Einzelspender hinter sich als jeder andere. Bis eine Entscheidung gefallen ist, kann es noch Wochen, wenn nicht Monate, dauern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel