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Vorstoß gegen ArbeitslosigkeitMehr Geld und mehr Freiheit

Die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen fordern neue Anstrengungen, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Wenn es mal so einfach wär'. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie die kommunalen Spitzenverbände haben am Dienstag von der Politik mehr Geld und größere Spielräume zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit gefordert. Langzeitarbeitslosen könne zu wenig geholfen werden, sagte Irene Vorholz, Beigeordnete für Arbeit und Soziales des Deutschen Landkreistages. Das läge auch daran, dass die Politik der BA die Gelder gekürzt habe, kritisierte ihr Kollege Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags.

Rund eine Million Menschen sind nach Angaben der BA ein Jahr oder länger arbeitslos. Vor allem Alleinerziehende, Ältere, Jugendliche und Menschen mit Migrationshintergrund suchen häufig erfolglos nach einer Stelle. Und wenn es klappt, hält der Erfolg oft nicht vor: „Etwa die Hälfte von ihnen kommt innerhalb eines Jahres zurück“, sagte Heinrich Alt vom Vorstand der BA.

Die BA und die kommunalen Spitzenverbände als Träger der Grundsicherung sehen vor allem zwei Hindernisse für ihre Arbeit. Zum einen hat die Bundesregierung der BA in den letzten Jahren Gelder gestrichen. Während zwischen 2010 und 2013 die Zahl der Arbeitslosen im Bereich des Sozialgesetzbuchs II („Hartz IV“) um 8 Prozent sank, wurden die Mittel für Fördermaßnahmen um 40 Prozent reduziert, von 6,6 Milliarden auf 3,9 Milliarden Euro. Zum anderen seien die Vermittler in den Jobcentern an zu rigide Vorgaben gebunden. „Wir brauchen neue, langfristig angelegte Instrumente und mehr Flexibilität“, sagte Vorholz.

Flexibilität könnte etwa bedeuten, dass die BA künftig flächendeckend eine Nachbetreuung frisch vermittelter Langzeitarbeitsloser betreiben darf. Bisher erprobt sie dieses Modell nur in wenigen Jobcentern. Oder es könnte bedeuten, dass Geld da ist, um einem Arbeitslosen, der eine Stelle als Verkäufer in Aussicht hat, eine Zahnreinigung zu bezahlen, sagte Vorholz.

200.000 sind abgehängt

Articus forderte zudem, für die bundesweit geschätzt rund 200.000 Personen, die keine Aussicht mehr auf eine reguläre Stelle haben, einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt auszubauen. Dies sei eine „Alternative zu Ausgrenzung und sozialer Isolation“. Wie man dabei den Spagat bewältigen könne, sinnvolle Tätigkeiten anzubieten, ohne reguläre Stellen zu verdrängen, wollen die Kommunen und die BA gerne erneut diskutieren. Bisher sind sie an enge Vorgaben gebunden, nur marktferne Tätigkeiten anzubieten. „Dieser Punkt bedarf einer Lösung“, sagte Alt.

Grundsätzlich begrüßten alle drei, dass die Große Koalition ein neues Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit auflegen sowie der BA in den nächsten vier Jahren rund 1,4 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stellen will. Doch für ausreichend hält man diese Mittel nicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband spricht davon, es brauche 2 Milliarden Euro zusätzlich, um das Problem Langzeitarbeitslosigkeit anzugehen – und zwar jedes Jahr.

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3 Kommentare

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  • G
    gast

    Die sollen, um Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zu bringen, die Firmen mit Geldstrafen belegen, die Arbeitslose wegen zu alt nicht einstellen.

     

    Ab 50 hast du keine Chance mehr auf einen Arbeitsplatz und wovon sollen die dann leben wenn sie in Rente gehen ? Beim Staat betteln gehen müssen ?

  • KH
    Kapitalfaschismus + HIV

    Die Hauptfunktion des "Hartz-IV"-Systems besteht darin, die Erwerbslosen - aus der werktätigen Bevölkerungsmehrheit - von der Selbstorganisation und vom aktiven Widerstand gegen den modifizierten (modernen) Kapitalfaschismus der BDA-BDI-Bourgeoisie und GroKo-Administration - im staatsmonopolistischen Kapitalismus der Bundesrepublik Deutschland - abzuhalten. =

     

    Hierbei wird der spezialdemokratische bundesdeutsche Parteien und Staatsapparat, aktiv von den BND-BfV-'NSU'-"Sozialpartnern", unterschiedlicher pseudo-demokratischer und 'gelb-braun'-gewerkschaftlicher Prägung, aktiv unterstützt und (- spätbürgerlich -) ideologisch und gesellschaftspolitisch abgesichert.

  • Mehr Flexibilität könnte aber - wenn man von den positiven Möglichkeiten mal absieht - auch bedeuten, dass Sie noch mehr Unfug mit Arbeitslosen treiben können, als sie ohnehin schon tun.