Vorstand von Entwicklungsorganisation: Comeback der Wahlverliererinnen
Vor Kurzem haben Tanja Gönner und Karin Kortmann bitter Wahlen verloren. Nun sollen sie in den Vorstand der größten deutschen Entwicklungsorganisation wechseln.
BERLIN taz | Tanja Gönner und Karin Kortmann verbindet bisher vor allem die Erfahrung bitterer Niederlagen. CDU-Frau Gönner hat 2011 ihr Amt als baden-württembergische Umwelt- und Verkehrsministerin abgeben müssen. SPD-Frau Kortmann ist als Entwicklungsstaatssekretärin 2009 aus dem Bundestag geflogen. Nun sollen beide nach Informationen der taz aus Koalitionskreisen in den Vorstand der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) wechseln. Gönner soll sogar Vorstandschefin des 17.000 Personen starken Unternehmens werden.
Die GIZ ist das Ergebnis der Fusion dreier Entwicklungsorganisationen und weltweit tätig. Sie hat Anfang 2011 offiziell die Arbeit aufgenommen. Mit ihr ein neuer, umstrittener Vorstand: Sieben Männer leiten die Organisation, in der Genderfragen eigentlich ein wichtiges Thema sind - an der Spitze CDU-Mann Bernd Eisenblätter. Die Entscheidung für den Männervorstand hat für derart viel Unmut gesorgt, dass die Vorstandsverträge auf 18 Monate begrenzt wurden und eine Quote für die Zeit danach festgelegt wurde: Ab Sommer 2012 sollen nur fünf Personen die Organisation leiten. 40 Prozent, also zwei, müssen Frauen sein.
Diese Quote sorgt beim Aufsichtsrat der GIZ seitdem für Kopfzerbrechen. Denn es gibt bestehende Verträge und parteipolitische Interessen. Und ein Problem: Um die Quote zu erfüllen, müssen vier Männer ausscheiden. Nur zwei gehen aber in den Ruhestand.
Union pocht auf Spitzenposition
Die Union pochte schnell darauf, dass sie nach Eisenblätter, der im Sommer ausscheidet, wieder die Spitzenposition besetzt. Aufsichtsratschef ist aber FDP-Entwicklungsstaatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz, der versucht hat, den Posten für die Liberalen zu ergattern. Ihm selbst wurden Ambitionen nachgesagt.
Der Streit hat es bis ins Kanzleramt geschafft. Kanzlerin Angela Merkel war die Personalie wichtig. Sie unterstützt die Kandidatur Tanja Gönners, erfuhr die taz aus Unionskreisen. Damit hat Gönner beste Chancen, im März tatsächlich als Vorstandssprecherin berufen zu werden. Schließlich hat Merkel in der Debatte um die FDP-Personalpolitik im Entwicklungsministerium auch zu Ressortchef Dirk Niebel gestanden. Gönners einziges Problem: Sie hat zwar als Landesministerin Erfahrungen mit Themen wie Umwelt oder Infrastruktur gesammelt, ist im internationalen Geschäft aber ein Neuling. Das war allerdings diese Legislaturperiode oft kein entscheidender Faktor.
Der Vorstand wird ein wenig teurer
Als weitere Frau wird wohl Karin Kortmann berufen werden, von 2005 bis 2009 Entwicklungsstaatssekretärin unter Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Kortmann hat 2009 ihr Bundestagsmandat verloren. Sie hat in ihrer entwicklungspolitischen Arbeit vor allem die kirchliche Arbeit unterstützt. Über die GIZ-Vorgängerorganisation GTZ sagte sie einst: "Die schmeißen das Geld nach draußen wie die Kölner die Kamellen beim Karneval."
Nun könnte gerade Kortmann Grund dafür werden, dass der Vorstand ein wenig teurer wird. Denn an ihrer Stelle müsste möglicherweise Hans-Joachim Preuß, auch SPD, weichen und abgefunden werden. Die SPD streitet darüber.
Der neue Vorstand nimmt seine Arbeit im Juli auf. Gönner und Kortmann würden es dann mit einer Organisation zu tun haben, die vom aktuellen Chef Eisenblätter zunehmend als globales Unternehmen aufgebaut und auf Wachstum getrimmt wurde. Das Wort Entwicklungshilfe hört man dort ohnehin nicht gerne.
Leser*innenkommentare
Lilien
Gast
Ein ekelhafter Sumpf. Da wird nicht nach Qualifikation entschieden. Ein jeder wird irgendwo untergebracht. Frau Gönner hat das Land Baden-Württemberg dermaßen in die Schulden "reingeritten" und jetzt das !!
Frau Dr. Merkel unterstützt das. Liebe Wählerinnen und Wähler, dieses Verhalten wurde im Jahre 2005 und 2009 wieder gewählt.
Einfach unglaublich, wie diese Wählerschaft der jetzigen Regierung dermaßen ignorant sein kann.
Lieber Gott im Himmel lass es Hirn regnen.
wauz
Gast
Alles Gesogs
Alles, was da bei den Parteien an "politischem Nachwuchs" daherkommt, sind moralische Leichtgewichte. Biespiele? Cem Özdemir. Weiß nicht, dass er als Abgeordneter Steuern bezahlen muss. Verprsaat seine Kohle und lässt sich, erste Wahl, vom Lobbyisten Hunzinger retten... Hallo? Was hat denn der Mann in der Birne? Gibt es Anzeichen, dass er gescheiter geworden ist? Ja. Gibt es, Er verkehrt immer noch mit der selben Sorte Leuten, lässt sich aber nicht mehr ganz so leichtsinnig erwischen.
Stefan Mappus. Ich schenke mir die Details...
Christian Wulff. Im Großen und Ganzen auch schon bekannt.
Sigmar Gabriel. Saß bei Glogo auf dem Schoß und ist ansonsten politisch ein Hannoveraner wie Wulff.
Die diversen Doktores der FDP...
Ein solcher von der CSU...
Klaus Ernst. Bekam von der IG Metall ein gutes Gehalt. Bekommt das Gleiche nochmals von der Hans-Böckler-Stiftung, wie alle Sekretäre der IGM während und nach ihrer Amtszeit. Da ist gut Porsche fahren...
Diese Liste ist längst nicht vollständig. Es soll halt ein jeder selbst noch ein wenig nachrecherchieren.
karibuni
Gast
Es ist ja gut, dass endlich mal Frauen in die besten Positionen kommen. Aber diese Beiden haben leider keine Vorraussetung, um die Ämter auszufüllen. Bisher hatten alle Spitzenverter in giz/gtz einen entwicklungspolitischen Hintergrund - von Elshorst/Merz(1975) bis Eisenblätter (2012). Immer spielte die Parteizugehörigkeit eine Rolle, aber sie war nicht entscheidend. Schade um die vertane Gelegenheit.
Kaufmann
Gast
Das ist eine Posse und zeugt von mangelndem Sachverstand. Derjenige der wenigstens oberflächlich mit der Arbeitsweise der GIZ vertraut ist, weiß dass es hier überwiegend um Politik geht und die Gesellschaft als Türöffner funktioniert.
Da sollte man nicht so kleinlich sein, wenn ein paar Millionen für das Personal aufgewendet werden. Schlimmer sind die 100´e Millionen für eine fehlgeleitete Entwicklungspolitik, die ausschließlich das Abgreifen durch die freie Wirtschaft möglich macht.
Paint.Black
Gast
Wer die fraglichen Damen schon einmal sprechend und argumentierend "geniessen" konnte, weiß, dass hier mit Sicherheit keine Qualifikationsvorgaben berücksichtigt wurden und derart hochdotierte Posten nur mit dem (zur Zeit) "richtigen" Parteibuch zu haben sind!
Ein Schlag ins Gesicht aller, die in der Privatwirtschaft auf ganz normalen Wegen einen Job suchen müssen. Die Leistungs-Kriterien im mittleren Management sind da immens viel höher.
Ehrlich
Gast
Frau Gönner hat sich doch aktiv am Rechtsbruch beim Kauf der EnBW, an der Umgehung des Parlaments und an der Aushebelung der Demokratie beteiligt.
Sie wird damit allen korrupten und undemokratischen Regimen in der Dritten Welt ein großartiges Vorbild sein. Genau solche Menschen können dann von Despotenstaaten eine Hinwendung zur Demokratie fordern. Insbesondere da Frau Gönner ihr lupenreines Demokratieverständnis bei der Offenlegung der Fakten zu Stuttgart 21, ausführlich verdeckt gehalten hat.
Frau Gönner bringt auser dieser geistigen Nähe zu Drittweltstaaten, so gar keine Erfahrung mit Entwicklungspolitik mit aber sie ist HURRA unstrittig eine Frau, sowas genügt in der Ära Niebel
schon.
Ehrlich
Gast
Frau Gönner hat sich doch aktiv am Rechtsbruch beim Kauf der EnBW, an der Umgehung des Parlaments und an der Aushebelung der Demokratie beteiligt.
Sie wird damit allen korrupten und undemokratischen Regimen in der Dritten Welt ein großartiges Vorbild sein. Genau solche Menschen können dann von Despotenstaaten eine Hinwendung zur Demokratie fordern. Insbesondere da Frau Gönner ihr lupenreines Demokratieverständnis bei der Offenlegung der Fakten zu Stuttgart 21, ausführlich verdeckt gehalten hat.
Frau Gönner bringt auser dieser geistigen Nähe zu Drittweltstaaten, so gar keine Erfahrung mit Entwicklungspolitik mit aber sie ist HURRA unstrittig eine Frau, sowas genügt in der Ära Niebel
schon.
rioges
Gast
Alles wird zur Beute der Parteien. Es ist schlimm. Wird Zeit, denen mal richtig - richtig! - auf die Finger zu klopfen, denn noch gehört dieses Land den Bürgern. Naja, fast...
lars willen
Gast
das ist es worum sich die politiker kümmern-ihre schafe ins trockene zu bringen
leistungsträge
Gast
Leistung muss sich wieder lohnen™
Mein Vetter
Gast
Vetternwirtschaft über Parteigrenzen hinweg!
Weg mit der CDU! Weg mit der CSU, dem Demagogen Dobrindt! Weg mit der FDP! Zur Hölle mit allen dreien!Und nehmt die Merkel mit!
audio001
Gast
Diese unsere Demokratie droht zu einem "Selbstbedienungsladen" der Parteien zu verkommen, die unsere "Demokratie" als ein System der Besitzstandswahrung für sich längst adaptiert haben!- "Pfründesysteme" mit unterschiedlicher Ausprägung lassen sich überall inzwischen erkennen!
vic
Gast
GIZ. Täusche ich mich, oder ist das nur eine neue Abstellbehörde für "vorerst gescheiterte" Politiker?
Ausgerechnet diese Leute haben doch mit Entwicklungshilfe nichts am Hut.
sandy
Gast
Mit was für einer Begründung wird zum Beispiel Frau Gönner direkt in den Vorstand der Entwicklungshilfeorganisation gewählt.
Man sollte hierfür doch normalerweise
über langjährige Erfahrung im Bereich
Management, Controlling, Auslandserfahrung,
Projekterfahrung im Bereich Entwicklungshilfe
und allgemeine Akzeptanz der Belegschaft
über bisherig erbrachte Leistung innerhalb
des Unternehmens verfügen.
Hier werden Leute nach Parteibuch ohne
fachspezifische Referenzen denen gegenüber
bevorzugt, die sich auf ehrliche Weise
nach oben arbeiten wollen.
Dann kommt man mit der Quotenlüge,
um geflissentlich über die moralische Verkommenheit
der leistungslosen Postenschacherei abzulenken!!
Ich finde die parteigelenkte Managerberufung
ohne den harten Prozess des Reputationserwerbes
auf ehrliche Weise abstoßend!
Wieviele Frauen praktizieren in dieser 17.000
Leute umfassenden Organisation direkt
die Entwicklungshilfe vor Ort?
Wer riskiert in den Krisenländern sein/ihr Leben?
Wer hat wirklich etwas vorangebracht mit seinen
kleinen beschränkten Mitteln?
Weg mit der Parteienintriganz!
ntroP
Gast
So funktioniert Antidemokratie.
Tanja Gönner?
Seriously?
Der Staat als Beute für Abschaum wie diesen.
Juergen K.
Gast
Das Geschmeiss legt sich in die Soziale Hängematte.
Tommy G.
Gast
Das nennt man wohl "den Bock zum Gärtner machen". Mal wieder. Wie schon so oft. Wobei "Bock" falsch ist. Wie heißen nochmal schnell die weiblichen Böcke? Na? ....
Öko Fritz
Gast
Es gab Zeiten, da kamen Lügner an den Pranger und Verbrecher wurden eingesperrt!
Heute ist alles anders:
Frau Gönner und Konsorten werden zu "Vorständen" hochgelobt!
Kriminelle erheben sich zu "Führern" und wir Bürger müssen zunehmend um unsere demokratischen Rechte bangen!
Armes Deutschland... alles nur Lug und Trug und heuchlerisch!
Siegfried Bosch
Gast
Dass in einem (ausschließlich?) vom Staat finanzierten Organisation eine Frauenquote existiert, ist ein Skandal! Die Politiker sollten einmal das Grundgesetz lesen.
Übrigens wird hier auch widerlegt, dass Frauenquoten kein Geld kosten.
gundi
Gast
Frau Gönners Qualifikation ist unbestritten:
- Ermittlungen wegen Vorteilsannahme 2006
- Kritik der mangelnden Distanz als Regierungsmitglied zu einem Projektbeteiligten 2010
- Anzeige wegen Zurückhaltung von Unterlagen zur Sicherheit des Kernkraftwerkes Philippsburg 2011
Als Juristin konnte sie es nicht besser wissen und "nomen est omen": sie heißt Gönner, nicht Könner, d.h. sie gönnt sich was ohne es können zu müssen.
Karin Kortmanns Qualifikation überlasse ich dem nächsten Kommentator, nicht ohne darauf zu verweisen, dass ihre Nähe zur rk Kirche für sich spricht - diese Organisation hat langjährige Erfahrung in weltweiter Entwicklungspolitik.
Schließlich bekenne ich, zu früh aus der Jugendorganisation einer poltischen Partei und zu früh aus einer religiösen Organisation ausgetreten zu sein ... ich erkenne langsam meine verpassten Chancen.
Sepe
Gast
"Nun könnte gerade Kortmann Grund dafür werden, dass der Vorstand ein wenig teurer wird."
Also soll Frau Kortmann an den gestiegenen Kosten Schuld sein? Nicht etwa, dass die vorherige Vergabepraxis sexistisch war? Was ist das denn für eine kausale Verkrümmung?
Warum hat denn vorher niemand daran gedacht, Frauen zu beteiligen und so die Kosten gering zu halten?
Außerdem verstehe ich nicht, wieso verlorene Wahlen bedeuten sollen, dass jemand nicht qualifiziert ist? Zumindest kann ich nicht nachvollziehen, warum das hier den Hauptgrund für Nichteignung darstellen wollen, wo doch beide einen starken Hintergrund in der Entwicklungspolitik vorweisen können.
saalbert
Gast
"Vorstand von Entwicklungsorganisation" - Hält das jemand bei der taz für gutes Deutsch?