: Vorsicht Kamera!
■ Bei Bayern Münchens 3:2 gegen Köln üben sich alle Beteiligten in Höflichkeit
München (taz) – Der Nachmittag gehörte ihm. Erst auf dem Rasen, später daneben. Knapp 70 Minuten hatte Mario Basler mit der Kugel gemacht, was er wollte. Dann pfiff ihm Trainer Giovanni Trapattoni an die Außenlinie. Auswechseln. Auweia. Das mag der Mario bekanntlich gar nicht. Vor zwei Wochen hatte er sich noch nicht mal angemessen verabschiedet. Und diesmal? Achtung Kameras! Erst gab es einen freundschaftlichen Klapps für Kollegen Scholl, dann herzte und knuffte er Trapattoni. Zuletzt zelebrierte er mit den Fans noch ein wenig La Ola. „Damit ihr nicht wieder mit mir schimpft.“ Ihr bösen Medien!
3:0 führte der FC Bayern zu dieser Zeit gegen die Gäste aus Köln, auch wenn letztere zumindest in der ersten Hälfte besser Fußball gespielt hatten. Alles schien klargemacht, und siegessicher kombinierten die Bayern in des Gegners Hälfte. Die Kölner waren „kurz in der Gefahr, richtig abgeschossen zu werden“, sagte deren Trainer Neururer hinterher. Doch dann schickte er Uwe Scherr und Thomas Zdebel aufs Rasenviereck. Die schossen zwei Tore, und es „wäre noch mehr drin gewesen“, meine Neururer. War aber nicht. Ion Vladoiu scheiterte Sekunden vor Schluß an Bayerns Torwart. Und so konnte auch Giovanni Trapattoni noch demonstrieren, was sich gehört: „Wir müssen sagen danke an Oliver Kahn.“ Warum die Münchner den sicheren Sieg fast noch verschenkt haben? „Weil wir die Konzentration verloren haben“, sagte Trapattoni. Ja, aber warum? Ganz einfach: „Wir sind eine freundliche Mannschaft, die sehr höflich zu ihren Gästen ist“, sagte Franz Beckenbauer, „wir machen so was gerne.“
Neururer wird darüber nicht sonderlich gelacht haben, weil er selbst mit einem Punkt ziemlich glücklich gewesen wäre. Siebenmal hintereinander konnten seine Spieler nicht gewinnen, was den heimischen Anhang schon mal dazu veranlaßte, die Aktiven statt mit Beifall mit allerlei Wurfgeschossen zu überhäufen. Inzwischen ist für Köln unten näher als oben. Ob er jetzt Angst vor dem Abstieg habe, wurde Neururer in der Pressekonferenz gefragt. Wie bitte? „Den letzten Teil der Frage habe ich nicht verstanden“, sagte er. Auch er weiß, was sich gehört. Nina Klöckner
1. FC Köln: Kraft - Kostner (90. Gaißmayer) - Baumann, Schmidt - Chicon (74. Scherr), Hauptmann, Oliseh, Munteanu, Andersen (81. Zdebel) - Vladoiu, Polster
Zuschauer: 63.000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Rizzitelli (42.), 2:0 Klinsmann (51.), 3:0 Rizzitelli (59.), 3:1 Scherr (79.), 3:2 Zdebel (88.) Gelb-rote Karte: Oliseh (86.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen