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Vorschulenplätze garantiertAbschied vom Kita-Sahnejahr

Der Anmelderekord bei Vorschulen ärgert die Kita-Träger. Sie wollen nicht konkurrieren sondern kooperieren.

Geht nicht nur in der Vorschule: lernendes Kind. Bild: dpa

In diesem Frühjahr wurden 8.030 Kinder an Vorschulen angemeldet, das ist ein Rekord. Anlass für Schulsenator Ties Rabe (SPD), jedem Kind einen Platz zu garantieren. 392 Klassen, 43 mehr als im Vorjahr, soll es geben.

Die meisten Kinder gehen derzeit in eine Kita. Ob ihr früher Schuleintritt Sinn macht, ist strittig. "Für die Fünfjährigen ist das letzte Jahr in der Kita das ,Sahnejahr'", sagt Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Mit drei zählen sie zu den Kleinen, mit vier kennen sie alle, aber im letzten Jahr vor der Schule sind sie die Großen, die anderen alles zeigen können." Wenn sie aber stattdessen in eine homogene Klasse mit 23 anderen Fünfjährigen kämen, bedeute das Stress: "Sie müssen ihren Platz in der Hierarchie ausloten."

Es sei fachlich nicht optimal, wenn Kitas und Vorschulen konkurrieren. "Die Eltern geraten früh unter Druck." Besser wäre ein System, bei dem beide kooperieren. "Man könnte sagen, bis fünfeinhalb ist die Kita zuständig, dann die Schule", so Peters.

Dass Vorschulen Kinder besser auf die Schule vorbereiten, ist nicht belegt. Es gibt nur eine alte Studie aus Nordrhein-Westfahlen, in deren Folge die Vorschulen abgeschafft wurden. Das ist in Hamburg anders. In fünf Jahren stiegt die Vorschülerzahl von rund 5.000 auf 8.000. "Es gibt immer noch viele Eltern, die sich bewusst für die Kita entscheiden", sagt Franziska Larrà, Geschäftsführerin der Kita-Vereinigung. Sie wünscht sich faire Wettbewerbsbedingungen: "Die verpflichtende Sprachförderung findet faktisch nur an Schulen statt." Das schränke die Wahlfreiheit migrantischer Eltern ein.

Rabe habe mit seiner Platzgarantie ein "Pulverfass gezündet", sagt CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Für die vielen Kinder müssten Schulen auch nachmittags Betreuung bieten. Doch damit wolle sich die SPD vorerst Zeit lassen.

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1 Kommentar

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  • S
    Schreiber

    Für "scheue" Kinder ist die Vorschule ideal. So können sie in Ruhe das Terrain erkunden, haben genauso viel Spaß wie im Kindergarten, lernen aber schon mal ein wenig mehr, wie es in der Schule zugeht...es ist im übrigen sehr stark vom jeweiligen Kindergarten abhängig, ob er besser ist als eine Vorschule oder nicht. Wenn in einem Kiga sehr viel Wert auf sog. "soziales Lernen" gelegt wird (d.h. eigentlich nicht sehr viel mehr, als dass die Kinder sich größtenteils alleine auf einem Spielplatz beschäftigen, nach meiner Erfahrung) und die Vorschul"arbeit" an 2 oder 3 Stunden an einem Nachmittag erfolgt, kann die Vorschule sinnvoll sein.

     

    Wenn dann die Einschulung erfolgt, haben etwas zurückhaltende Kinder aufgrund der Vorschulerfahrung dann den Rabauken ;-) schon ein wenig mehr entgegenzusetzen. Das ist nicht schlecht.

     

    Außerdem erinnere ich noch diesen Vorteil: "Schuld am Vorstoß der Bildungsbeamten in die Kindergärten der Republik ist die OECD-Studie Pisa. Die hatte ergeben, dass, wer in die Vorschule gegangen ist, noch als 15-Jähriger bei Leistungstests merklich besser abschneidet als jene ohne diese Form der Frühförderung."

    Aus: Der Spiegel 15/2005