■ Vorschlag: Ein Leckerbissen für den Tierfreund: Jana Drus' Hundespielfilm „Rjadom“
Es gibt Filme, von denen es nur einen gibt, und so einer ist „Rjadom“ von Jana Drus aus Kiew. Der in Moskau und Umgebung gedrehte Hundespielfilm hat einen zauberhaften Hauptdarsteller mit einem außergewöhnlichen Schauspieltalent, das sich deutlich von dem seiner amerikanischen Kollegen (Lassie, Beethoven usw.) unterscheidet. Anders als die stets frisch shampoonierten Agentur- Stars, die mit mehreren Hunde-Pädagogen und vitaminreicher Kost leben, ist Sascha nämlich auf der Straße aufgewachsen und weiß auch heute noch, wie und wo er sich Futter besorgen muß, wenn seine Besitzerin mal knapp bei Kasse ist. In Rußland existieren derzeit keine Filmtier-Agenturen. Dennoch gibt es wohl kaum ein Land auf der Welt, in dem ein Film aus der Hundeperspektive natürlicher daherkommen könnte: Die Liebe der Russen zu Hunden ist legendär, und entsprechend zahlreich bevölkern sie die Straßen.
Zu Beginn des Films verliebt sich Sascha in eine Dalmatiner- Dame, die wie früher Audrey Hepburn mit den Nasenflügeln zu beben versteht. Die Szene spielt an einem nächtlichen Flughafen und ist ein wunderbar gelungener Einstieg in eine unbekannte Tierwelt voller Melancholie. Die Dalmatinerin wird jedoch allzubald von Hundefängern in einen Zwinger abtransportiert. Sascha schafft es, sie zu befreien, und die beiden fliehen in einen verschneiten Märchenwald. Doch unbeschwertes Glück ist Saschas Schicksal nicht, das war einmal. Manchmal träumt er von jener Zeit, als er noch ein drolliger Welpe war, der auf grünen Wiesen herumtollte und gestreichelt wurde.
In diesen Flashbacks begreift man die Einzigartigkeit dieses Hundefilms: Normalerweise werden die Hauptdarsteller in Tierfilmen als putzige, vierbeinige Kinder vermenschlicht. Sascha dagegen spielt glaubhaft einen Erwachsenen. Das vermittelt Jana Drus auch mit Hilfe eines grandios bearbeiteten Soundtracks, doch was weiß man schon, was in so einem Hundekopf vor sich geht, wenn er den Menschen bei ihren Familienzwistigkeiten zuhören muß? So kommt irgendwann der Punkt, wo das Nicht-sprechen-Können des Hauptdarstellers der Dramaturgie dieses Films doch etwas zu schaffen macht. Den für sich sehr gelungenen Episoden – die Liebesgeschichte, die Verfolgungsjagd mit einem feisten Boxer-Köter und schließlich die Freundschaft mit einem vereinsamten Teenager – fehlt zuweilen der Zusammenhang. Die wahren Tierfreunde unter den Cineasten werden es besser wissen, allen anderen erlaubt der Film jederzeit, die schöne, schreckliche Atmosphäre vom Leben in Moskaus Hinterhöfen und Vorstädten mit menschlichen Augen und Ohren wahrzunehmen. Dorothee Wenner
Premiere heute um 21 Uhr im Arsenal-Kino, Welser Straße 25 (in Anwesenheit der Regisseurin)
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