Sanssouci: Vorschlag
■ Fotografien von Peterhans, ringl + pit im Bauhaus-Archiv
„Karfreitagszauber“ von Walter Peterhans, 1929 Foto: Bauhaus-Archiv
Die Dichterin Else Lasker-Schüler und die Tänzerin Mary Wigman, das Fotografenteam Grete Stern und Ellen Auerbach hatten nicht nur den Bubikopf gemeinsam. Sie verkörperten den Prototyp der „neuen Frau“ im Berlin der zwanziger Jahre. Im goldenen Zeitalter der Emanzipation traten sie aus dem Schatten der bürgerlichen Welt und suchten spielerische Wege zur Selbstverwirklichung. So löste sich Mary Wigman von Rudolf Laban, um ihre Vision vom „absoluten Tanz“ auszuarbeiten und später zu lehren. Grete Stern und Ellen Auerbach formulierten indes nach ihrer Lehrzeit bei Walter Peterhans eigene Gestaltungskonzepte für die Fotografie. Peterhans kam 1927 nach Berlin und gründete ein Fotostudio. Die Grafikerin Grete Stern wurde bald darauf seine Privatschülerin. Auch die gelernte Bildhauerin Ellen Auerbach begann 1929 eine Ausbildung bei Peterhans. Diese dauerte jedoch nur wenige Monate, da er als Leiter der neugegründeten Fotografieabteilung ans Bauhaus berufen wurde. Die beiden Freundinnen übernahmen das Fotostudio und gründeten das Atelier „ringl + pit“ für Werbe- und Porträtfotografie.
Die jetzt im Bauhaus-Archiv ausgestellten Bilder lassen zwar manchmal den Lehrer erkennen, zeichnen sich aber vor allem durch eine provokative Ironie aus, die den Werken Peterhans' fremd ist. So zum Beispiel bei dem „Fragment einer Braut“, einem knittrigen Stück weißen Tülls, das sich ins Schwarze verliert, oder in der Mehrdeutigkeit von Objekten: Ein zerknautschter Handschuh ist ein Handschuh, kann aber auch als Gesicht mit zwei Augen gesehen werden. Peterhans hingegen bildet die Objekte in ihrer stofflichen Plastizität technisch präzise ab und setzt sie dann erst in nicht alltägliche Zusammenhänge.
Kurz nach der nationalsozialistischen Machtergreifung verließen Stern und Auerbach, beide jüdischer Abstammung, Berlin und gingen getrennte Wege. Eine Ära von Freiheit und Kreativität ging zu Ende, und Else Lasker-Schüler schreibt: „Mein tolles, übermütiges Frühlingslachen träumt vom Tod.“ Patricia Caspari
Noch bis 31.1., täglich außer Dienstag 10–17 Uhr, Bauhaus-Archiv, Klingelhöferstraße 14, Tiergarten.
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