Sanssouci: Vorschlag
■ Grandmaster Flash and the Furious Five im Huxley's
Man glaubt es kaum, wie lange es schon her ist. 1982 erschien „The Message“, und schwuppdiwupp wurde aus dem gutgehüteten Untergrundgeheimnis Rap die wichtigste Musik der Gegenwart. Die für Single-Verhältnisse ellenlange und textlich haarkleine Darstellung des Ghettoalltags durch Grandmaster Flash and the Furious Five hob das, was damals noch nicht HipHop hieß, von einer netten kleinen Ausformung schwarzer Unterhaltungskultur auf eine politische Ebene, die Rap sich bis heute erfolgreich und glücklicherweise weigert, wieder zu verlassen. Fortan mußte man sich auch als weißer Mitteleuropäer plötzlich mit Aussprache und Bedeutung kleiner Wörtchen wie „def“ auseinandersetzen und durfte sich bald wundern, daß die allercoolsten Menschen plötzlich mit denselben Trainingsanzügen wie der eigene Vater beim Gassigehen daherkamen.
Eingebrockt hatte uns das alles ein gewisser Joseph Saddler, der 1957 auf Barbados das Licht der Welt erblickt hatte und als einer der ersten DeeJays nicht mehr mit eintönigem schlichtem Plattenauflegen zufrieden war. Das „Mixen“ war erfunden, das Scratching folgte kurz darauf, und der Grandmaster suchte sich seine Furious Five zusammen, daß sie ihm seine bollernden Tanztracks mit zündenden Reimen versahen. Das war schon eine Leistung, die ihm den Platz im Lexikon sichern sollte, aber mit „The Message“ und später „White Lines“ wurde aus Tanzmusik die Quelle eines neuen schwarzen Selbstbewußtseins. Davon profitiert seitdem jede neue Generation von HipHoppern, ob nun politisch oder unpolitisch, ob schwarz oder zu einer anderen Minderheit gehörig. Grandmaster Flash and the Furious Five dürften schlicht die wichtigste Rap-Formation aller Zeiten sein, egal was da noch kommen mag.
Daß seitdem aber schon reichlich Breakbeats den Fluß runtergeschwommen sind, merkt man nicht nur an den Jahreszahlen oder wenn man die alten Platten noch einmal hört, sondern auch daran, daß die diesjährige Tour als „The Marlboro HipHop Jam“ die Bühnen heimsucht. Und der Zigaretten-Multi läßt sich nicht lumpen, fährt mit DJ Kool Herc noch eine Legende der ersten Stunden auf. Dazu dann noch K7, weniger Rap als gewagter Brückenschlag von Gospel über Cab Calloway und Reggae hin zu halbwegs modernem Dancefloor. Die Jam soll dann – ganz spontan – durch eine „Live Graffiti Performance mit lokalen Spray-Künstlern“ und dem Film „Wild Style“ abgerundet werden. HipHop als Gesamtkunstwerk – ganz im Sinne des Erfinders? Thomas Winkler
Heute, 20 Uhr, im Huxley's, Hasenheide 108–114, Neukölln.
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