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SanssouciVorschlag

■ „Mein Prinz muß anders kommen“: Andrea Badey im Kama

Die ist wohl etwas verträumt, die Frau. ein Prinz muß es sein, selbst heute noch, da sie längst in die Jahre gekommen ist, klar doch. Wie ER aber sein muß, nein – da hat sie heute noch keine Vorstellungen. Er muß anders kommen, aber wie? So viele kamen angaloppiert, die sich nach Ablauf der Beziehungszeit als Frösche entpuppten. Andere kamen an, waren Frösche und blieben es auch, no chance. So ist das eben mit die Männers. Hatte es die jammerlappige Merian nicht schon lange gesagt?

Doch Andrea Badeys Rückblick auf ihren Männerverschleiß im Rahmen der Kama-Herbstreihe „unbeschreiblich weiblich“ gerät zum Schenkelklopfer. „Prinzessin, sei vorsichtig“, sagt sie sich oft, meist aber zu spät – und sehr zum Vergnügen des Publikums. Genüßlich weidet sich dieses an Badeys Männer„glück“, das die Gute mit ruhrpöttlerischem Zungenschlag, Berliner Ruppigkeit, genanter Koketterie, trockenstem Witz und befreiendem Charme serviert. Mit dabei: einige so schöne Regieeinfälle von Silke Jensen, wie etwa das experimentelle Spiel mit dem von der Decke hängenden und voll aufgedrehten Mikro. Der erste Knüller dann – es rollen tatsächlich Tränen in der ersten Reihe: ein Déjà-vu?: Wölfi aus der kommunistisch-totaldemokratischen Diskutier-Land-WG in Herne-Ost. Typ: stotternder Brennesselteetrinker in fransigem Bademantel mit Körperkontaktschwierigkeiten. Um das Ego anschließend aufzumöbeln, wird unsere Prinzessin im Stretchrock von der Freundin in die Stadtteildisco entführt – zur Materialsichtung. Bester Tip des Abends: „Schau bloß nicht so heiratsgierig, da laufen alle davon.“ Einer nicht, der ist Rocksänger und steht drauf, wenn sie unterm Rock nichts trägt. Es schließen sich an: der uralte Rudi mit einem Tutti-Frutti- Tick und „Ladehemmung“, wie sich Badey gepflegt ausdrückt, ein viel zu junger und selbstverliebter Spund. Dann der Bratschist aus der Deutschen Oper, der als Bratkartoffelverhältnis eingeplant war, jedoch zeitweise ins Familienbuch eingeht und für Nachwuchs sorgt. So stolpert die wunderbar wandelbare Komikerin und „Distel“-Kabarettistin in die nächste Affäre. „Lüg mich an“, schmettert sie schließlich stimmgewaltig in ihrem Revue-Potpourri den fadenscheinigen Prinzen nach und entgegen – so lustig kann es also sein, wenn die Prinzenrolle in der Hand schon etwas oll ist und Frau noch immer wartet, weil sie das Beste will. Na denn: Mein Prinz muß auch anders kommen. Petra Brändle

Heute bis 23.10. sowie 25.-30.10, 21.15 Uhr, Kama, Schwiebusser-/Ecke Friesenstraße, Kreuzberg

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