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SanssouciVorschlag

■ Strukturierter Klopprock: Steel Pole Bath Tub im Waschhaus

Hierzulande feiern wir mit Tortoise oder TransAm die Zeit nach Rock, nur wenn mal keiner mithört, legt man verschämt das neueste Smashing-Pumpkins-Machwerk in den CD-Spieler. Ganz in Vergessenheit geraten sind dabei Bands wie die Melvins oder Steel Pole Bath Tub, die sich vor fünf, sechs Jahren schon damit abrackerten, Rockmusik (vulgo: Grunge) auf andere Ebenen zu heben. Steel Pole Bath Tub wurden zwar als die kleine Schwesterband der Melvins etwas vernachlässigt, was sie aber nicht davon abhielt, ihre Alben so extrem und laut wie möglich zu produzieren. Ihre Frühwerke wie „Butterfly Love“ und „Tulip“ gerieten zu kultigen Knallern. Ein solch noisiges Gezerre und Gezische auf den Resten von Led Zeppelin oder Black-Sabbath- Riffs war neu und aufregend und ließ dazu noch so was Entlegenes wie einen linearen Rocksong als angeschimmelte Leiche im Keller zurück. Songs ruinieren hieß die oberste Devise.

Den kommerziellen Rahm allerdings schöpften dann die Melvins und ihr Zeitlupenmetal ab. Steel Pole Bath Tub vertrieben sich die Zeit mit obskuren Seitenprodukten wie Duh, Milk Cut oder Atomic 61. Kurz vor Paralyse, Agonie und völligem Wegspacen erbarmte (?) sich nun eine Majorfirma, Steel Pole Bath Tub zu signen. Das Ergebnis ist der (mittlerweile fünfte) Longplayer „Scars From Falling Down“.

Da fallen sogar Hits ab, jawohl, da klopprockt es zwar wie eh, aber strukturiert. Und wo die Leute nicht gänzlich überzeugt werden können, müssen eben die Bubble-gum-Rocker Cheap Trick herhalten, Wegbegleiter so manch glücklicher Jugend, deren „Surrender“ Steel Pole Bath Tub auf ihre Art kongenial covern. Wo dann endgültig Freude aufkommt und der angenehme Gedanke sich einnistet, daß es noch etwas mehr zu wählen gibt als hopp oder top, als amerikanischen Standard oder Tortoise. Als Vorband spielen – neben den College-Rockern aus North Carolina, den Poster Children – übrigens auch die Berliner Surrogat, die es nicht ungern hören, als „deutsche Melvins“ bezeichnet zu werden. Gerrit Bartels

Heute ab 21 Uhr, Waschhaus, Potsdam, Schiffbauergasse 1

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