■ Vorschlag: Der Film „Traum von Kabul“ zeigt Hippies im Afghanistan der 70er
Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre blieben viele der im Protest gegen den Vietnamkrieg frustrierten und nach spiritueller Erleuchtung suchenden Hippies auf ihrem Weg nach Indien in Afghanistan und seiner Hauptstadt Kabul hängen. Eine ironische Wendung der Weltgeschichte ist es, daß es mit diesem Kabul zu Ende war, in das sich die Zivilisationsflüchtlinge damals verliebten, als die Sowjetarmee in Afghanistan einmarschierte, um sich ihr eigenes Vietnam zu schaffen. In Kabul versteckte sich Bommi Baumann vor dem Verfassungsschutz und wurde Timothy Leary 1972 verhaftet. Embryo machten dort Musik, und Donovan und Julie Driscoll waren auch da. Kabul war, versichert uns die Off-Stimme, „das Mekka der Hippie-Generation“. Regisseurin Wilma Kiener und Kameramann Dieter Matzka haben sich auf die Suche nach dem „Traum von Kabul“ gemacht.
„Es sollten echte Touristen kommen, nicht noch mal solche“, sagt ein Afghane heute. Warum blieben so viele Hippies auf ihrem Weg nach Indien hier hängen? Der Film kommt zu dem Schluß, daß die Drogen der Grund waren. Kronzeuge ist Johannes Schaaf, selbst Filmemacher, der in den Siebzigern schon dokumentieren wollte, was heute so schwer zu rekonstruieren ist. Schaaf kam damals mit der Produktion seines Filmes nicht zu Rande, als er feststellen mußte, daß die Hippies das Paradies mit einem dauerhaften Rauschzustand verwechselt hatten. „Aufregend ist es natürlich nicht“, streicht sich einer die Zotteln aus dem Gesicht, „aber langweilig ist es auch nicht.“ Die Hauptdarsteller sind zwar inzwischen 25 Jahre älter geworden und sitzen auf einer netten Couch, aber voller Stolz zeigen sie die vernarbten Einstiche in den Armbeugen vor. Viele von damals haben die Filmemacher nicht mehr gefunden. Von einigen weiß man, daß sie tot sind.
Was am Ende bleibt, ist der besserwisserische Blick des Zurückschauenden: War ja ein netter Versuch, aber was ist schon daraus geworden? Auch der interviewte Timothy Leary wird erst mal sprachlos, als er auf seine Mitverantwortung für die vielen Drogentoten angesprochen wird. Aber schließlich weiß er doch eine Antwort: „Es war damals wesentlich sicherer, LSD zu nehmen, als nach Vietnam zu gehen.“ Thomas Winkler
„Ein Traum von Kabul“. Regie: Wilma Kiener/Dieter Matzka, Deutschland 1996, Premiere in Anwesenheit der Filmemacher am 8.9., 20.30 Uhr im Lichtblick, Wolliner Straße 19, 9.-13.9. 20 Uhr
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen