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■ VorschlagDie Mauerfotografien von Hendrik G. Pastor in der Info-Box

Wie auf einer Modelleisenbahn stehen die Busse am Lenné-Dreieck vor der weißgetünchten Mauer. Dahinter zieht sich ein breiter Grünstreifen durch die Landschaft, nur von ein paar Gattern und Absperrungen aus Beton unterbrochen. Berlin vor 20 Jahren, lange her jedenfalls. Die Aufnahme aus dem Flugzeug ist das erste von 100 Fotos, die in der Info-Box am Potsdamer Platz gezeigt werden. Eine Reisegruppe wird von einem schlohweißen Herrn durch die Ausstellung geführt. Sie bleibt am Fenster stehen: „Hier haben wir einen Blick, der unterscheidet sich nicht so sehr von der Aussicht oben vom Dach.“ Man sieht ohnehin nur Hochhausskelette, zwischen denen noch immer kleine orangefarbene Laster hin und herbrummen.

Damals muß sich Hendrik G. Pastor wie ein Engel gefühlt haben, der durch die Geschichte schwebt. Wo immer die Berliner eine Aneinanderreihung von Alltagsmomenten im Schatten der Sektorengrenze durchlebten, sah er nur eine einzige Katastrope – die Mauer. Weil nun Pastor aber als Fotograf der französischen Armee angestellt war, hat er unentwegt Aufnahmen gemacht von kalten Herbstimpressionen am verbarrikadierten Görlitzer Park über frostige NVA-Soldaten bis zur Vereinigungsparty am Brandenburger Tor in der Silvesternacht 1989.

Der 1949 in Cagnes-sur-Mer geborene Pastor kam mit 25 Jahren zum Militärdienst nach Berlin. Als Spezialist für Luftaufnahmen ging er nach seiner Entlassung aus der französischen Armee zur U.S. Air Force und blieb von 1983 bis zum Truppenabzug bei den Briten. Seine Fotos ändern sich in all den Jahren nicht: Immer bleibt klar, von welcher Seite Pastor die Mauerszenen beobachtet. Manchmal wird er auch von DDR-Grenzern aus der Distanz zurückbeobachtet. Vermutlich haben sie nicht einmal gewußt, daß Pastor für die Alliierten arbeitete. Heute wirkt die Sammlung kaum mehr geheim, eher wie ein Fotoalbum aus dem Kalten Krieg. Harald Fricke

Bis 26.8., täglich 9 bis 19 Uhr, Info-Box, Leipziger Platz 21

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