■ Vorschlag: Fasten mit Folgen: "Cigarettes & Chocolate" im STÜKKE
Vorschlag
Fasten mit Folgen: „Cigarettes & Chocolate“ im STÜKKE
Vor zwei Jahren waren es Zigaretten, dann Schokolade. Diesmal verzichtet Gemma während ihrer selbst auferlegten Fastenzeit auf das Sprechen. So meditiert sie zu Hause vor ihren brennenden Kerzen und genießt die Stille und die Musik Johann Sebastian Bachs. Und je länger Gemma (Kimberly Jardin) sich der Sprache verweigert, desto mehr suchen die Freunde nach Gründen und ihren Schuldanteilen. Und je mehr sie reden, desto mehr gerät das Beziehungsgefüge auseinander.
„Cigarettes & Chocolate“ ist ein Stück des Briten Anthony Minghella, der erst durch seinen Film „Der englische Patient“ bei uns bekannt wurde. Wie seine Figuren aufeinander ein- und aneinander vorbeireden, das hat bisweilen die Qualität ausgefeilter Stand-up- Comedy und erinnert dann wieder an den „Stadtneurotiker“ eines Woody Allen. „This is like therapy“ stellt, denn auch Lorna (herausragend: Sally Willig) zu Recht fest: Gemmas rätselhaftes Schweigen packt alle Beteiligten unfreiwillig auf die Couch.
Dieses englischsprachige Gastspiel des American Opera Projects aus New York ist in gewisser Weise ein Heimspiel. Regisseurin Gabriele Jakobi, die mit dieser Inszenierung am Off-Broadway für großes Aufsehen sorgte, leitete in den 80er Jahren das Penthesilea Theater, neue Produktionen entstanden in Zusammenarbeit mit dem Podewil. Die Spielfläche für ihr durchweg pointiert und angenehm zurückhaltend agierendes Ensemble besteht aus drei übereinandergeschichteten Podesten. Dort sitzen die sechs Darsteller auf den Stufen, alle zusammen, jeder für sich allein. Schminken sich, hacken rhythmisch auf ihrer Computertastatur, legen sich Gurkenmasken auf, halten sich an Kaffeetassen fest. Auf Fernsehmonitoren flimmern Computerspiele und die Dokumentarbilder einer Selbstverbrennung.
Die allzu deutlichen Zeichen wären sicherlich verzichtbar gewesen. Die Stärke von Gabriele Jakobis Inszenierung liegt allerdings auch nicht in technisch-multimedialen Spielereien oder innovativen Regiekonzepten. Was diese 90 Minuten über spannend hält, sind die sensibel austarierten Schwankungen der Stimmung zwischen den Figuren, das unmerkliche Hinübergleiten von der Komik ins Absurde und letztlich zutiefst Tragische. Axel Schock
Bis 9.9. jeweils 20.30, STÜKKE, Hasenheide 54, Neukölln
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