■ Vorschlag: „Latin Boys Go To Hell“ im Eiszeit-Kino und im Xenon
Maiskolben, kleine Schädelchen und Gerippe, Marienbildchen oder auch nur ein fescher Sombrero sind die Lieblingsrequisiten der Aktfotografin Monica (Annie Jobst) und ihres Assistenten Justin. So, wie solche skurrilen Devotionalien das Feigenblatt der wohlgestalteten Männermodelle ersetzten, tun dies für den jungen New Yorker Latino Justin (Irvin Ossa) billigste Telenovelas (lateinamerikanische Soap-operas) mit all ihrem schwülstig-sentimentalen Handlungseinmaleins in allen krisenhaften Lebenslagen. Da wurde eine eigene Episodenfolge dieser TV-Sparte für den Film sogar eigens erdacht und mit Leuten wie Guinevere Turner („Go Fish) untypisch besetzt.
Denn Ela Troyano („Carmelina Tropicana: Your Kunst is Your Waffen) läßt ihren schüchternen Helden Justin aus dem liebevoll mit Postern gepflasterten Jugendzimmer direkt in ein Schlangennest fallen. Alles nimmt seinen Anfang mit dem Auftauchen seines Cousins Angel (!) (John Bryant Davila), einem hübschen Knaben, in den sich Justin ad hoc verguckt.
Angel möchte die Stadt kennenlernen, und daher begibt man sich etwas planlos ins lasterhafte Nachtleben. Den weiteren Weg pflastern ein Mord aus Leidenschaft, kleine sexuelle Abenteuerchen und immer wieder der Blick in die lebensberatende Daueruntermalung der Telenovela.
Überhaupt bilden diese Sequenzen eindeutig die Vorlage für den Stil des Films, der zudem mit seiner preiswerten Machart nicht hinterm Berg hält. Ein stolzes Low-budget-Produkt, dessen campiger Unterhaltungswert nicht zuletzt auf der autobiographischen Romanvorlage von André Salas beruht. Gudrun Holz
„Latin Boys Go To Hell“. Regie: Ela Toyano. Kamera: James Carman. Mit Irvin Ossa, John Bryant Davila, Mike Ruiz. D/E, 1997, 75 Min. Heute im Eiszeit-Kino, Zeughofstraße 20, Kreuzberg, und im Xenon, Kolonnenstraße 5, Schöneberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen