piwik no script img

■ VorschlagMit Teddy und Daddy-Ding: Susan Stewarts „Lovers and Warriors“

Wie sehen Lesben aus? Die Soaps „Lindenstraße“ und „Marienhof“ zeigen es: Da gibt es den weiblichen Part, als solcher an der femininen Kleidung zu erkennen (Femme), und das männliche Gegenüber, meist in Lederhosen gezwängt (Butch). Blöde Klischees? Leider ja. Auch in den Neunzigern sind Lesben in der Öffentlichkeit kaum präsent. Deshalb begab sich Susan Stewart, die seit 1978 mit Fotografie und Multimedia-Performance arbeitet, auf die Reise und fotografierte 20 meist lesbische, aber auch bi- und transsexuelle Frauen aus mehreren Ländern. Die 75 Schwarzweißfotos sind jetzt in Berlin zu sehen.

Eine Aufnahme zeigt die kanadische Künstlerin selbst. Es ist ein düsteres Bild, mit nur einem Lichtpunkt, ihrem hell leuchtenden Gesicht. Ein schönes Bild: Selten waren so viele Nuancen der Farbe Schwarz auf einmal zu entdecken. Ähnlich den anderen Arbeiten, die die verschiedensten Facetten lesbischer Identitäten offenbaren. Alle erstklassig ausgeleuchtet, manchmal an Helmut Newton erinnernd. Da zeigen sich braunhäutige Frauen im Sari. Eine Asiatin posiert mit Messer. Eine Frau, sie muß Irin sein, ließ sich mit Pferd und Weide ablichten. Auch SM, Tattoos, Fetische, nackte Haut, Muskeln, Zärtlichkeiten, Dragkings auf den Bildern. Eine Frau (ist es wirklich eine?) sieht verdammt männlich aus, eine trägt Glatze, eine andere Ledermaske. Auf Geschlechterrollen wird gepfiffen. Oder es wird nach ihnen gesucht. Und neu definiert.

Alles Selbstinszenierungen. Denn Stewart hat das einzig richtige gemacht, um ihre „Queer ethnography“ zu erzählen. Sie bat die Frauen, sich auf den Bildern so darzustellen, wie sie sich selbst sehen (oder gesehen werden möchten). Das Ganze trägt den Titel „Lovers and Warriors“. Die inszenieren sich also höchst unterschiedlich, offen und frei. Auch das ist neu für Lesben: Die Erfahrung des Gesehenwerdens im öffentlichen Raum.

Dabei erzählen sie Geschichten. Via Bild und mittels Soundtrack. Mit Walkman spaziert der Betrachter durch die Schau, hört O-Töne der Porträtierten und muß sich, da nicht zugeordnet, seinen Teil denken. Zum Beispiel Mißbrauch. Oder was will Janet mitteilen, nackt, einen Teddy im Arm, mit rotverschmierten Mund. Paßt zu ihr die kurze Textpassage: „Es ist, als würde ich ein Daddy-Ding essen“? Andreas Hergeth

Bis 2. 2., täglich 14–20 Uhr, Galerie im Pferdestall in der Kulturbrauerei, Knaackstraße 95, Prenzlauer Berg

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen