■ Vorschlag: Eine dritte Möglichkeit: – Dokfilme über Hermaphroditen im Xenon
„Es gibt nur zwei Möglichkeiten“, weiß Dr. Money von der renommierten Johns-Hopkins-Universität, „entweder Sie sind ein Junge oder ein Mädchen.“ Doch der US-amerikanische Sexualforscher täuscht sich: Es gibt andere Möglichkeiten. Welche, das zeigt die Dokumentation „Guevote“, die heute im Xenon anläuft. Im Mittelpunkt von Rolando Sánchez' Film steht Bahraona, ein Dorf in der Dominikanischen Republik, in dem überdurchschnittlich viele Hermaphroditen geboren werden. So auch Bonny und ChiChi: Beide kamen als Mädchen zur Welt, entwickelten sich aber in der Pubertät nicht wie ihre Geschlechtsgenossinnen. Statt der Brüste wuchs ihre Klitoris; die Hüften blieben schmal, die Schultern wurden breit. „Das Mädchen, das ich war, ist eines Tages gestorben“, erzählt ChiChi, der heute als Mann auftritt, während Bonny sich als Frau kleidet und verhält. Für die Dorfbewohner sind die beiden guevotes, für Dr. Money haben sie einen „Defekt an den Sexualorganen“.
Bonny und ChiChi nehmen's gelassen – ähnlich wie die meisten Menschen aus ihrer Umgebung. Zwar sind die Vorstellungen über Geschlechterrollen in Bahraona sehr traditionell, und auch die Salsa- und Merengue-Stücke, die Sánchez dem Film unterlegt, künden von schmachtenden Damen und kühnen Kerlen. Dennoch werden die Hermaphroditen manchmal gerade wegen ihrer besonderen Art geliebt. Anita zum Beispiel, 25 Jahre mit einem inzwischen verstorbenen Hermaphroditen verheiratet, gerät sie noch heute ins Schwärmen: „Ich werde ihn nie vergessen. Er hat mich verhext.“
Trotzdem haben es Bonny und ChiChi nicht immer leicht; ein Grund, die unaufgeregte Erzählhaltung aufzugeben, ist das nicht. Von „Hermaphrodites Speak!“, dem zweiten Film im Programm, läßt sich das nicht unbedingt sagen. Das Video wurde während des Gründungstreffens der „Intersex Society of North America“ gedreht. Zehn intersexuelle Menschen erleben eine Art Coming-out und entwickeln dadurch „ein nie gekanntes Gefühl der Identität“. Ein wenig kalifornisch korrekt wirkt das schon. Doch dieser Einwand ist schnell vergessen angesichts der haarsträubenden medizinischen Behandlungen, durch die die „uneindeutigen“ in eindeutige Körper verwandelt wurden. Cristina Nord
Ab heute, jeweils 19 Uhr, Xenon, Kolonnenstraße 5, Schöneberg
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