■ Vorschlag: Installationen von Angela Bulloch in der Galerie Schipper & Krome
Die pragmatischen Schlagworte der letzten documenta sind noch immer nicht verklungen. Gassenhauer wie Interieur, Urbanität oder persönliches Archiv sind auf den Straßen, an denen das Galerieleben floriert, deutlich zu vernehmen. Auch in der Ausstellung „Codes“ von Angela Bulloch geht es in gewisser Weise um Soziologie und Strategie. Der Code, die verschlüsselte Botschaft, funktioniert als Ausschlußmechanismus. Eine Sprache für Eingeweihte, ein gruppendynamischer Schutzmechanismus? An den Wänden der Galerie Schipper & Krome jedenfalls hängen Arrangements von Lampen. Es blinkt rot, es blinkt gelb, es blinkt grün und blau. Merkwürdige runde und knallig farbige Sofas laden zum Bleiben ein. Die Botschaft der Elemente zum Sitzen ist so simpel wie vergänglich: Komm heran und ruhe aus. Schnell merkt man, daß die Lichtschaltungen einem Rhythmus folgen. Mehr ist aber erst einmal nicht auszumachen.
Schon in den früheren Arbeiten beschäftigte sich Bulloch mit Sprache, indem sie Comic-Sado-Maso-Szenen aus Heften herausschnitt, die kleinen Arbeiten auf DIN-A 4 vergrößerte und Personen, Raum und Inventar schwärzte, so daß nur noch Schriftzüge wie „AHHHH“ oder „AYEAH“ auf den Blättern zu lesen waren. Doch als Zeichnungen blieben sie ein Produkt der Phantasie.
Die Lichtarbeiten deuten nun akustisches Material in visuelle Zeichen um. Die Glaskugellampen sind von englischen Fußgängerüberwegen inspiriert, in der Galerie gelten sie eher als Signale für den individuellen Gedankenprozeß. „Snooker – start of end game“ wiederum ist eine Reminiszenz an die englische Billardvariante. Die Anordnung an der Wand entspricht dem Aufbau der Kugeln zu Beginn jedes Frames, jedes einzelnen Spiels. In „Visual Musik 8“ sind es acht solcher Kugeln, die erst aufblinken, wenn ein Besucher eine CD mit seichter Techno-Musik in den bereitstehenden Player gelegt hat – auszusuchen an einer kleinen Ladentheke am Eingang.
Mit dem musikalischen Verweis auf die spezialisierten Labels, die Techno produzieren und nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten bekannt sein dürften, wird bei Bulloch eine Brücke zur aktuellen Kunst und Kunstvermarktung geschlagen. Per Kabel sind die Lampen mit dem Abspielgerät verbunden und bringen Optik und Akustik zusammen. Daß man es sich dazu auf einem der Sofas gemütlich machen kann, ist begrüßenswert. Vielleicht soll aber auch bloß der perfekte (Kunst-)Konsument in die Falle gehen. Norman Lindner
Bis 11. 7., Di–Fr 12–18, Sa 12–16 Uhr, Auguststraße 91
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen