■ Vorschlag: Tiefsehen mit AK Kraak – die 17. Folge des Videomagazins
Erinnert sich noch jemand an den kurzen Sommer der Anarchie 1990 in Ostberlin, als fast täglich ein Haus besetzt wurde und die Straßenfeste kein Ende nehmen wollten? Damals begegnete einen bei Aktionen häufig eine Handvoll Leute mit Kamera und Mikrophon. Das war die Geburtsstunde von AK Kraak. AK stand für aktuelle Kamera, und Kraak ist das holländische Wort für Hausbesetzung. Doch die Häuser waren bald geräumt oder legalisiert, und von einer Bewegung spricht schon längst niemand mehr. Aber AK Kraak gibt es immer noch. Neben der personellen Besetzung haben sich auch die Ansprüche in den letzten acht Jahren verändert. Lange Kameraeinstellungen von polizeieskortierten Demonstrationszügen sind nicht mehr zu sehen, heute wird der politische Anspruch mit Witz und Selbstironie kombiniert.
Mit der gerade fertiggestellten 17. Folge ihres „Tiefseh-Video- Magazins“ hat das Kraak-Team unter Beweis gestellt, daß ihm auch in Zeiten der Bewegungsflaute die Themen nicht ausgehen. Ausführlich wird die in den Medien sonst kaum beachtete Aktion „Putzen und weggeputzt werden“ vorgestellt. Als Reinigungspersonal verkleidet besetzte eine Frauengruppe am 8. März 1998 das Deutsche Historische Museum und schrubbte dort Treppen und Vitrinen. Auf ihren Rücken hatten sie Schilder mit Namen asiatischer und lateinamerikanischer Staaten befestigt, um darauf hinzuweisen, daß für den „Glanz der Metropolen“ schlechtbezahltes nichtdeutsches Reinigungspersonal sorgt. Die Gemüseschlacht, die sich Kreuzberger und Friedrichshainer KiezpatriotInnen auf der Oberbaumbrücke lieferten, fehlt im Video ebensowenig wie die „Reclaim the Streets“-Aktionen Mitte Mai. Auch die Geschlechterdekonstruktion ist ein Thema. Anlaß ist die Protestaktion einer intersexuellen Gruppe gegen die Geschlechternormierung beim Kongreß für Jugendpsychologie in Berlin. Im Abspann wird mit der Dekonstruktion gleich begonnen, indem ein Zitat von Judith Butler mit Jürgen Butler unterschrieben ist.
Wer noch Anregungen für die Urlaubsplanung braucht, kommt ebenfalls auf seine Kosten: Werbespots empfehlen einen Aufenthalt im antirassistischen Grenzcamp bei Görlitz. Peter Nowak
Heute, 22 Uhr, Kellerkino, Dresdner Straße
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