■ Vorschlag: Schlagen und Vertragen: „Un air de famille“ von Cédric Klapisch im fsk
Ob sie nun schwer beschäftigt sind oder gar nichts zu tun haben: Einen Pflichttermin in der Woche haben die Ménards, schließlich sind sie gute Franzosen. Jeden Freitag ist Familientreffen bei Henry, Besitzer des „Aux Ducs de Bretagne“. Allerdings ein eher unglücklicher, weil seine Frau mal eine Auszeit von ihm und der Familie nehmen will. Auch seine beiden Geschwister machen nicht gerade den fröhlichsten Eindruck. Sein Bruder Phillipe (Wladimir Yordanoff) hat als Abgesandter seiner Firma im Fernsehen keinen guten Eindruck hinterlassen, und sowieso hat's keiner der Familie gesehen. Und Schwester Betty (Agnès Jaoui), weit über dreißig und noch ohne Mann!, fühlt sich nicht ausreichend geliebt von Henris schlappen und duckmäuserischen Kellner Denis (Jean-Pierre Daroussin).
Beste Voraussetzungen also für „Un air de famille“ (so der Titel dieses Films), für eine harmonische Zusammenkunft. Das Drehbuch stammt von Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri. Nachdem das Stück erst im Theater gelaufen war, fragten sie Cédric Klapisch (“Jeder sucht sein Kätzchen“), ob er aus dem Stoff nicht einen Film drehen wolle. Er wollte. Mit überflüssigen Rückblenden und lustigen Spiegelreflexen, die die zumeist irritierten und irgendwie tumben Gesichtszüge der Ménards am besten zur Geltung bringen. Komisch sind sie dabei allesamt, die Fragen des Lebens erörtern sie mit umwerfenden Schlauheiten. Und selbst wenn man bald weiß, wohin die Reise geht (tiefsitzende Konflikte!), gelingt es Klapisch und seinen beiden Drehbuchschreibern, die Geschichte in der Schwebe zu halten. Die Familie ein Schleim? (Rainald Goetz) Nicht ganz, sie ist in diesem Film eher eines der letzten Mysterien auf dieser Welt. Unergründlich, ohne Ausweichmöglichkeit, eine menschliche Komödie. Und wie es in den besten Familien nunmal zugeht: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, auch hier, und die wichtigsten Fragen bleiben wie immer offen. Gerrit Bartels
Im FSK am Oranienplatz, 18.15 und 20.30 Uhr, O.m.U.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen