■ Vorschlag: Jon & The Nightriders surfen im Privatclub unter der Markthalle
Anfang der 60er gab es in Großbritannien die „Shadows“ und in den USA die „Ventures“: Artig gekleidete Herren, die rein instrumental zwischen Tanzhits und Fernseherkennungsmelodien alles in melodischem, Duane-Eddy-Gitarren-bestimmten Rock-'n'-Roll-Sound nachspielten. Ihre rhythmischen, auf Blues-Schema basierenden Songs wurden meist mit starken Hall- und Echoeffekten aufgepeppt. Die kalifornischen Beach Boys mischten 1961 mehrstimmigen Gesang mit sonnigen Texten dazu, nannten es Surfmusik und bestimmten es fortan zur Untermalung beim Wellenreiten. Und spätestens, als Beach-Boys-Gründungsmitglied und Obersurfer Dennis Wilson 1983 nach zuviel Wodka aus dem Wasser nicht mehr hochkam, bekamen die Beach Boys die nötige Street Credibility, die sie auch in Punk-, Skate- und Hardcore-Kreisen bekannt machte.
Sogar in den new-wavigen End-70ern und frühen 80ern gab es Bands, die Instrumental-Rock-'n'-Roll mit Punk und Hardcore- Sounds mischten. Vorreiter dieser Welle waren damals „Jon & The Nightriders“ aus dem Surferparadies Los Angeles. Die Band um Dick-Dale-Fan John Blair brachte nach einer längeren Pause 1996 wieder eine Platte heraus. Natürlich 100 Prozent Surf, aber so abwechslungsreich und groovy, daß der Kreischknirps Aaron Carter mit seiner Beach-Boys-Coverversion von „Surfin' USA“ eigentlich übers Knie gelegt gehört. John Blair, der zwischenzeitlich eine vielbeachtete Geschichte der Surfmusik geschrieben und Ausflüge in Lounge und Westernsound unternommen hat, produzierte das neueste Album „Fiberglass Rocket“ seiner Nightriders und schrieb die Hälfte der Stücke. Das Problem, einer so festgelegten Musikrichtung noch etwas Neues abzugewinnen, umschiffen die Nachtsurfer elegant wie eine Boje: Tempovariationen, wache Arrangements, Saxophon- und Orgelsounds helfen dabei. Und wer noch nie gesurft ist, darf trotzdem getrost zum Konzert – von den Beach Boys konnte auch nur einer länger als ein paar Sekunden auf dem Brett bleiben. Jenni Zylka
Jon & The Nightriders im „privatclub“ unter dem „Weltrestaurant Markthalle“, Pücklerstr. 34, 10999 Berlin, Sonntag, 21.30 Uhr
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