Vorschau Europa-League-Halbfinale: Exzellente Exilanten

Ohne eine einzige Heimpartie spielte sich Donezk überraschend ins Halbfinale der Europa League. Gegner ist Titelverteidiger Sevilla.

vermummte Menschen mit bengalischen Feuern

Schalke-Ultras während des Zwischenrundenspiels gegen Schachtjor in Lwiw Foto: dpa

LWIW taz | Wer sich in der Lwiw Arena in der Westukraine umschaut, der hat nicht das Gefühl, dass hier eine andere Mannschaft als S Schachtjor Donezk zu Hause ist. Bereits von Weitem wird der Besucher auf die orange-schwarzen Vereinsfarben aufmerksam, die am Eingang des Fanshops prangen. Die Erkennungsmerkmale für den Klub der Bergarbeiter, der unweit der Grenze zu Polen seine Wahlheimat gefunden hat. Und so findet auch das Halbfinale der Europa League am Donnerstag (21.05 Uhr) gegen den FC Sevilla in dem zur EM 2012 erbauten Stadion statt.

In der mehr als 1.000 Kilometer entfernten eigentlichen Heimstätte, der schmucken Donbass-Arena, rollt seit zwei Jahren kein Ball mehr. Dort werden humanitäre Hilfsgüter für die vom Krieg stark gebeutelten Einwohner der Regionen Donezk und Lugansk verteilt. Die Stiftung des Vereinsbesitzers Rinat Achmetow – trotz der Unruhen in der Ostukraine immer noch reichster Mann des Landes – sorgt dafür, dass Nahrungsmittel und Medikamente an Bedürftige, Alte und Frauen mit Kindern verteilt werden.

Das unfreiwillige Exil für Schachtjor hat seine Tücken: Im früheren Lemberg ist das Team trotz seiner beachtlichen Erfolge als Millionärstruppe des Oligarchen Achmetow verschrien und nicht gerne gesehen. Obwohl sich der Klub viel Mühe gibt, werden der Westen und Osten eines zerrissenen Landes nicht warm miteinander.

Trainer Mircea Lucescu macht mit seinen Spielern zwar vor fast jedem Heimspiel einen Gang durch die historische Altstadt, doch die meisten Menschen interessieren sich nicht für Fußball – und falls doch, dann halten sie zum FC Karparty Lwiw. Der eigentliche Heimatverein der 730.000-Einwohner-Stadt, die bei westlichen Besuchern außerordentlich beliebt geblieben ist.

Der Titelverteidiger FC Sevilla weiß um die sportliche Herausforderung: Zu frisch ist die Erinnerung an das vergangene Europa-League-Finale, in dem die ukrainische Überraschungsmannschaft Dnipro Dnipropetrwosk (2:3) erbitterte Gegenwehr leistete. Die Uefa hat den Tabellendritten der Premjer Liga – vorzeitiger Meister ist Dynamo Kiew – allerdings wegen Verstößen gegen die Regularien des Financial Fairplay von ihren Wettbewerben ausgeschlossen.

Einige träumen bei Schachtjor sogar von einem Finaltriumph wie 2009 gegen Werder Bremen

So blieb es diesmal den „Bergarbeitern“ vorbehalten, auf internationaler Bühne tapferen Widerstand zu leisten. Der FC Schalke 04 hat sich am neunmaligen ukrainischen Meister in der Zwischenrunde die Zähne ausgebissen, in Achtel- und Viertelfinale setzte sich Donezk gegen den RSC Anderlecht und SC Braga durch, obgleich viele ausländische Stars, darunter in der Bundesliga so prägende Figuren wie Henrikh Mkhitaryan (Borussia Dortmund) und Douglas Costa (FC Bayern), längst gegangen sind.

Einige träumen bei Schachtjor sogar von einem Triumph wie 2009 gegen Werder Bremen (2:1 n. V.) in der letzten Auflage des Uefa-Cups. „Die Mannschaft wurde jahrelang und konsequent auf Champions-League-Kurs gebracht, davon zehrt die Elf immer noch“, heißt es bei der Sportexpress.

Die Vereinsführung sitzt in Kiew, leitende Mitarbeiter kommen aus England, den Niederlanden oder Brasilien, wo der mit südamerikanischen Legionären und heimischen Nationalspielern gespickte Kader auch Teile der langen Winterpause überbrückte. Für die, die bleiben, werden immer noch die bestmöglichen Bedingungen geschaffen.

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