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Vorm Einmauern gerettet

■ Höfe-König wollte von Fahrradladen 200.000 Mark Wegezoll abzocken oder ersatzweise einmauern / Händler retteten sich durch schnellen Umzug

Das hätte ein schönes Bild gegeben: Ein Fahrradladen, den die KundInnen nur mit Hammer und Meißel hätten betreten können. Denn vor dem Eingang hätte eine massive Mauer gestanden. Hätte – denn was wie ein schlechter Scherz klingt, das hat tatsächlich gedroht, doch die findigen Fahrradhändler haben sich gerade noch mit einem Umzug vor dem Einmauern retten können. Passiert ist die Geschichte mitten im Ostertor.

Auf den Höfen, das ist für viele BremerInnen eine der ersten Adressen für das abendliche Bier. Kneipen satt, mittendrin ein paar wenige Geschäfte, darunter seit mittlerweile zehn Jahren der Fahrradladen „Radschlag“. Der ist, 1983 als Kollektiv in Selbstverwaltung gegründet, fast schon eine Institution im Viertel. Und der Hof hätte in relativer Harmonie weiterleben können, wenn sich nicht die BesitzerIn des Radschlag-Hauses dazu entschlossen hätte, das Gebäude zu verkaufen. Den Zuschlag bekam nämlich das Radschlag-Kollektiv, und das ärgerte einen ganz besonders: Helmut Hubrich, König der Höfe, der das Kneipenkarrée für eine verstreute Eigentümergemeinschaft verwaltet, immer daran interessiert, die Liegenschaften zu arrondieren. Hubrich hätte gerne zugeschlagen, aber jetzt, wo der Zug abgefahren und schon Geld geflossen war, da wollte er wenigstens was abhaben.

Der Idee war denkbar simpel: Dem Radschlag mag zwar das Haus gehören, dachte sich Hubrich, aber ich herrsche über den Hof, weil der Privatbesitz ist, und die KundInnen kommen in den Laden nur – na – über eben diesen Hof. Was liegt da näher, als –frei nach Prinz Eisenherz– Wegezoll zu verlangen. Und weil man da am besten nicht so tief einsteigt forderte Hubrich von den alternativen Fahrradschraubern 200.000 Mark. Und weil man solchen Forderungen am besten gleich Nachdruck verleiht, drohte Hubrich schonmal im Voraus: Mit einer Mauer vor dem Laden. „Der hat mitten in den Verhandlungen angerufen und gesagt: Übrigens, Ihr könnt Euch drauf einstellen, daß am Montag die Maurer kommen“, erinnert sich Radschlag-Mitinhaber Christoph Behnke. Aber was sollten die Radschläger anderes machen, als Bares zu bieten. Schließlich war ihr Haus nur eine frühere Hinterhaus-Werkstatt, und das Vorderhaus in der Gertrudenstraße wurde mittlerweile als Wohnhaus genutzt.

Da aber lasen die Radschläger in ihrer Not eine Anzeige, daß ein Laden in der Humboldtstraße zu vermieten wäre, und siehe da, das war der Ausweg. Der neue Laden wurde gemietet, just als die Verhandlungen mit Hubrich bei 70.000 Mark angelangt waren. Ab übernächster Woche werden die Radschlag-Räder in der Humboldtstraße 16 verkauft.

Also war Essig mit Wegezoll vom Radschlag. Und damit die Geschichte vom gescheiterten Abzocker ein noch besseres Ende bekommt, verkauften die Radschläger Hinterhaus an die NutzerInnen des Vorderhauses, und denen ist Hubrich ziemlich Wurscht. Die brauchen den Weg über den Hof nicht. Der Maurer kann schonmal den Mörtel anrühren. J.G.

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