■ Vorlauf: Der Bundesnackedei
„Das Mädchen Liane“, Sa., 14 Uhr, N3; „Liane“, Sa., 23.10 Uhr, N3, Di., 22.50 Uhr, MDR
Horst Königstein ist im öffentlich-rechtlichen TV-Bereich der Spezialist für telegene Vergangenheitsbewältigung. Seine Karriere begann er 1971 mit dem Mehrteiler „Sympathy for the Devil“, einer Hommage an den von Beat und Aufbruch ornamentierten Zeitgeist der Sechziger und frühen Siebziger. Diese Mühe wurde ebenso preisgekrönt wie andere Produktionen („Hard Days, Hard Nights“) des gebürtigen Bremers. Nun hat er eine seiner jugendlichen Obsessionen zum Thema gemacht. „Liane“, das Mädchen aus dem Dschungel, der erste Teenager, der „Bundesnackedei“ (Bild), der mit entblößter Brust mitten während der fünfziger Jahre für Aufregung unter den pubertierenden Männern der Republik sorgte, steht im Mittelpunkt der Revue. Angelegt ist die filmische Verbeugung vor der illegitimen Kultur als Musical. Musik: Paul Vincent Gunia; Drehbuch: Königstein und Frank Gaede. Besetzt ist „Liane“ mit einer Fülle von Stars, vornehmlich solchen, die Königstein selbst mehr oder weniger verehrt: Nadja Tiller, Matthias Freihof, Brigitte Janner, Angelika Thomas, Elke Czischek und Marion Maerz (ja, ebendie!). Die Hauptrolle wird von drei Frauen gespielt: Ina Klink, Luci van Org („Lucilectric“) und Annette Uhlen. Marion Michael, die damals die „Liane“ verkörperte, gibt in einer Nebenrolle die Sekretärin eines Filmproduzenten. Ob das Stück, das Ende kommenden Jahres in der ARD gesendet wird, gefällt, hängt wohl vom Geschmack ab. Das Tempo amerikanischer Musicals hat „Liane“ nicht, die Textdichte anderer Stücke Königsteins fehlt diesmal auch. Zusammen ergibt dies ein leichtes Aroma von dem, was man sich heute so unter den 50ern und 60ern vorstellt. Man könnte „Liane“ auch für ein nervöses Konzeptmusical halten, also für das Gegenteil einer echten Soaperette. Macht nichts: Nadja Tiller (deutscher Glamour auf seinem Zenit!) in drei Rollen entschädigt für den gelegentlich zähen Fluß der Handlung. Zuvor ist ein diskreter Dokumentarfilm von Torsten Schulz über die echte Marion Michael zu sehen. JaF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen