■ Vorlauf: Talmi
„Mörderisches Erbe“, 20.15 Uhr, Sat.1
Die Gelegenheit ist günstig, die Idee simpel, der Plan genial: Kaum hat der Privatdetektiv Moritz Fink (Christoph Waltz) die deutsche Millionenerbin in einem amerikanischen Drogen- slum aufgetan, da setzt sie sich vor seinen Augen den goldenen Schuß. Um das 48-Mio.-Erbe nicht an die Wohlfahrt zu verlieren, „ersetzt“ Fink die Tote kurzerhand durch eine andere Blondine (Nadja Uhl). Der Plan läßt sich gut an: Die Papiere lassen sich fälschen, die Neue spielt ihre Rolle gut. Nur ein kleiner Schönheitsfehler: der echten Erbin fehlten zwei Zehen, und die Falsche flaniert unbekümmert in Sandaletten durchs Schloß.
Die Geschichte von Knut Boeser lebt lange von der pfiffigen Tauschidee. Aber auf der Hälfte der Strecke geht dem „Mörderischen Erbe“ dann doch die Luft aus. Was in Übersee mit viel Tempo und einer dichten Atmosphäre begann (Regie: Peter Patzak), verkommt im Laufe der Zeit zu einem ungelenken, peinlichen Guldenburg-Aufguß. Kaum hat die attraktive „Erbin“ ihr pompöses Schloß bezogen, da haben ein verschuldeter Graf, ein wirrer australischer Stiefsohn und ein geheimnisvoller Diener ihre Auftritte. Es wird Champagner geschlürft und vom großen Geld geträumt – wie Lieschen Müller sich das so vorstellt.
Es ist ja durchaus akzeptabel (wenn auch nicht gerade originell), daß Christoph Waltz mal wieder diesen vom Leben benachteiligten, superschlauen, skrupellosen Typ spielt, den er so gut kann. Auch die anderen – Rolf Hoppe als Diener, Ulrich Wildgruber als Stiefsohn – geben ihr Bestes. Aber dieses romantische Schloß, die schöne Erbin, der wohlerzogene Graf? Es ist der neureiche Stil der Bilder, der das „Mörderische Erbe“ zur Dutzendware degradiert. In so einem Ambiete kann die falsche Helen ja gar nicht gejagt werden. Wo das Parkett aristokratisch unaufdringlich knirscht, muß du die Gangart des eleganten Ausschreitens beherrschen. Da kommt man den falschen Fuffzigern schnell auf die Schliche. Klaudia Brunst
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