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■ VorlaufAufstieg und Absturz

„Tod auf Amrum“, 20.15 Uhr, ZDF

„Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft – ist diese Keimzelle krank, ist die Gesellschaft krank.“ So steht's in den „Gedanken von Regisseur Konrad Sabrautzky über den Film“. Und weiter: „Krankheit ist Abweichung von der Norm, nicht immer klar definiert, oft nicht erkennbar, bis es zu spät ist. Das Herumdoktern an Symptomen führt zu keiner Heilung, sondern zum Tod. (...) Der Grat ist schmal zwischen Aufstieg und Absturz. Die Konturen verschwimmen zwischen Licht und Schatten. Es ist nichts so, wie es scheint. Wir hängen am Trapez, und es gibt kein Netz, das uns auffängt. Wir glauben, auf der sicheren Seite zu sein, und befinden uns schon mittem im freien Feld. Tod auf Amrum – ein Versuch. Die Suche nach neuen Bildern, einer neuen Ästhetik. Eines neuen Familienfilms.“

Es ist wirklich erstaunlich, was sich ein Regisseur so alles aus dem Hirn schrauben kann, nachdem er fürs ZDF einen „Fernsehfilm der Woche“ gedreht hat. Und noch erstaunlicher ist, wie wenig Sabrautzkys Gedanken mit seinem Film zu tun haben: Kommissar Spiekermann (mit Christian Berkel auch noch besetzt wie ein Lightversion von Heiner Lauterbachs Hau-drauf- Kommissar Faust) macht mit seiner Frau und seinen beiden Kindern Urlaub auf Amrum – und zwar so, als wären sie mit einer Familienautowerbung direkt hinein in Sahnejoghurts Weekendfeeling gefahren. Schon bald macht Urlaubsbekanntschaft Olaf, ein kreuzbraver Teenager wie eben erst der Kinderschokoladenpackung erwachsen, das Glück komplett. Und holla: Plötzlich passieren Tag für Tag immer schlimmere Sachen in dem einsamen Haus am Amrumer Strand ... Wie kommt's?

Kernfamilienidylle wollte Sabrautzky zeigen – und bedient sich doch bloß aus den hübschen ZDF-Vorabendprogramm-Klischees; einen Thriller wollte er daraus drechseln – und hat doch nur einen mittelmäßigen ZDF- Krimi geschnitzt. Wie's kommt?

Der Grat ist schmal zwischen Aufstieg und Absturz. Und ohne Wagemut manchmal sogar zu schmal. Christoph Schultheis

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