Vorläufige Rettung von Quelle: Ein bisschen Zeit gewonnen

Die insolvente Arcandor-Tochter bekommt ihren Massekredit. Das rettet sie vor der sofortigen Liquidierung und macht tausenden Beschäftigten neue Hoffnung.

Die VerbraucherInnen müssen hier zugreifen, sonst muss Quelle in sechs Monaten trotzdem dicht machen. Bild: dpa

Was die letzten Tage den Betroffenen abverlangt hatten, zeigte der Jubel von Ernst Sindel. Der Quelle-Gesamtbetriebsratschef sprach von einer "wahnsinnigen Motivation", nachdem sich der Bund und die Freistaaten Bayern und Sachsen in der Nacht zum Dienstag auf einen Massekredit von 50 Millionen Euro für die insolvente Arcandor-Versandhaustochter geeinigt hatten. "Jetzt hat Quelle die Chance, sich neu aufzustellen", sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Dienstag im ZDF. Er warnte zugleich: "Quelle ist mitnichten gerettet."

Neben den 8.000 Beschäftigten des Versandhauses atmeten auch die Mitarbeiter der Druckkonzerne Prinovis und Schlott auf, die den Quelle-Katalog bislang auf eigenes Risiko gedruckt hatten. Ebenso wie die rund 5.000 Mitarbeiter der Posttocher DHL, deren Jobs laut Sindel vom Quelle-Versand abhängen.

Der Massekredit beträgt 50 Millionen Euro, von denen der Bund 25 Millionen Euro übernimmt, Bayern bringt 20,5 Millionen auf, Sachsen 4,5 Millionen. Das Geld fließt nun dem vorläufigen Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg zufließen, nachdem Brüssel die Geldspritze am Dienstag genehmigt hat. Die Rettungsbeihilfen sind auf einen Zeitraum von sechs Monaten begrenzt. Bei Quelle geht man davon aus, dass man das Geld Ende des Jahres zurückzahlen kann. Voraussetzung dafür dürfte allerdings sein, dass der private Konsum in Deutschland weiterhin im Plus liegt - und nicht etwa infolge der Rezession doch noch einbricht. Sollte das Unternehmen es nicht schaffen und liquidiert werden müssen, würden die Forderungen der Massekreditgeber - und damit der Steuerzahler - vorrangig bedient werden.

Die Lage bei Quelle hatte sich seit der Insolvenz am 9. Juni schneller verschlechtert als bei den anderen Arcandor-Töchtern. Hauptgrund dafür ist, dass der Versandhandel von einer funktionierenden Umlauffinanzierung abhängt. Nur ein Teil der Kunden zahlt den Einkauf innerhalb von vier Wochen, die anderen über langfristige Ratenzahlungen. Deshalb verkaufen Versandhändler ihre Forderungen gegenüber Kunden mit einem Abschlag an Banken, die so für eine Zwischenfinanzierung sorgen. Bei Quelle war das die Valovis Bank, die den Ankauf aber nach der Insolvenz stoppte und das Unternehmen damit in akute Geldnot brachte. Der Massekredit soll der Bank nun als Sicherheit dienen, damit sie wieder ins Geschäft einsteigt.

Gerettet ist Quelle damit noch lange nicht. Wie Görgs Sprecher Thomas Schulz erklärte, gewinnt der Insolvenzverwalter damit Spielraum, zu prüfen, ob und wie das Versandhaus im Arcandor-Verbund oder allein mit einem Investor zu sanieren ist.

Denn hier gehen die Expertenmeinungen auseinander. Die Wirtschaftsprüfer von PwC, die Arcandor für die Bundesregierung durchleuchtet haben, gehen davon aus, dass Quelle schlecht aufgestellt ist - zu komplex, zu ineffizient und zu teuer. Quelle-Geschäftsführer Konrad Hilbers und Betriebsratschef Sindel verweisen jedoch darauf, dass das Versandhaus den Internethandel in den letzten Jahren ausgebaut und auf dem Markt aufgeholt habe. Bei der Reichweite habe man sich von Rang sieben auf Rang drei vorgearbeitet und liege nur noch hinter Amazon und Ebay. Allein in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2008/9 gab es Onlinebestellungen für 720 Millionen Euro - ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor.

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