Vorläufige Einigung in der Ukraine: Die Skepsis bleibt auf dem Platz
Die Demonstranten auf dem Maidan haben wenig Vertrauen in den von Regierung und Opposition ausgehandelten Kompromiss.
KIEW taz | Es ist wieder ruhiger in Kiew. Die seit Dienstag anhaltenden blutigen Straßenkämpfe haben am Freitagmorgen eine Unterbrechung gefunden. Doch wie lange der Waffenstillstand halten mag, ist momentan noch ungewiss. Denn das unter Federführung der drei EU-Außenminister zustande gekommene Abkommen zwischen Präsident Wiktor Janukowitsch und den drei Oppositionsführern wird von der Mehrheit der Ukrainer alles andere als freudig aufgenommen.
Viele Demonstranten auf dem Maidan in Kiew geben sich nicht zufrieden damit, dass die vorverlegten Neuwahlen erst im Dezember stattfinden sollen. Das würde bedeuten, dass Präsident Janukowitsch, für dessen Absetzung sie seit Monaten demonstrieren, noch fast ein ganzes Jahr an der Macht bleibt. Damit hätte er genug Zeit, auf traditionelle Art und Weise Wahlfälschungen zu organisieren.
Eine der Bedingungen des Abkommens ist unter anderem die Räumung des Maidan und der dort von Demonstranten besetzten Gebäude. Viele Oppositionelle sehen das kritisch. Sie trauen dem Frieden nicht so ganz. Denn sind die Plätze und Gebäude einmal geräumt, so befürchten sie, dann hätten Janukowitschs Sicherheitskräfte wieder freie Bahn. Zu oft hat der Präsident seine Versprechen in der Vergangenheit nicht gehalten.
„Ich begrüße das Abkommen“, sagt Natalia, eine der Aktivistinnen auf dem Maidan. „Es ist nicht ideal, aber es ist besser, sich zu einigen, als gegeneinander zu kämpfen.“ Nach den monatelangen Demonstrationen und der Zuspitzung der letzten Tage seien die Menschen müde, sagt die Aktivistin der taz. „Mir tun die Männer leid, die Tag und Nacht auf den Barrikaden Wache halten. Da stehen auch junge Männer, fast noch Jungs. Die führen doch nur die Befehle anderer aus!“
Auch Juri ist Aktivist auf dem Maidan: „Ich glaube, die Geschehnisse heute im Parlament waren kein Zufall. Der Eingang zum Gebäude stand fast offen. Ich glaube, das war eine absichtliche Taktik, die Demonstranten in das Parlament zu locken und einen Konflikt zu provozieren. Deswegen konnte man bereits im russischen Zeitungen im Vorhinein Artikel lesen. Dort wurde alles beschrieben, bevor es passieren konnte.“ Juri fehlt daher das Vertrauen in die neuesten Entwicklungen. „Das hier ist ein Bürgerkrieg!“, sagt der Ukrainer. „Gott sei Dank ist es nicht so gelaufen, wie die Russen es geplant hatten.
Nur eine Meldung wurde unter den Demonstrierenden auf dem Maidan am Freitagnachmittag freudig begrüßt: Präsident Janukowitsch, hieß es da, sei zurückgetreten. Doch das war nur ein Gerücht, eine Wunschvorstellung der Demonstranten.
Übersetzung aus dem Russischen: Ljuba Naminova
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