Vorkaufsrecht in Berlin: Jetzt auch für Private
Xhain übt das Vorkaufsrecht für einen Privatinvestor aus. Mit dem letzten Genossenschafts-Zuschüssen kauft die Bremer Höhe ein Haus in Pankow.
Unternehmensgründer Alexander Ruddat hatte sich persönlich bei den Mieter*innen vorgestellt und sich verpflichtet, die vom Bezirk geforderten Sozialziele – etwa den Verzicht auf Umwandlung in Eigentumswohnungen – nicht nur für 20, sondern für 30 Jahre einzuhalten. Zudem soll eine Ladenfläche für Künstler*innen genutzt werden.
Der ursprüngliche Käufer, das Schweizer Investment-Unternehmen Empira AG, versteckt sich hinter einer Luxemburger Briefkastenfirma. Er hatte bei den Mieter*innen die Sorge ausgelöst, dass ihr Haus zum „Spekulationsobjekt“ werden könnte. Sie befürchteten eine Entwicklung wie in ihrem Nachbarhaus, das saniert und nahezu vollständig entmietet wurde. Empira hatte sich geweigert, sich den Zielen des Milieuschutzes zu verpflichten und damit den Vorkauf abzuwenden.
Als mögliche Kandidaten für das Vorkaufsrecht galten zunächst die Genossenschaft Bremer Höhe und die landeseigene Gewobag. Beide aber hatten keine Zuschüsse aus Landesmitteln erhalten. Dass nun ein privater Käufer einspringt, bezeichnet Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt als „Ultima Ratio“, die aber die Handlungsfähigkeit des Bezirks vergrößere.
Mitte Juni hatte der Bezirk bereits in der Corinthstraße 56 sein Vorkaufsrecht für den Privatkäufer Michael Kölmel, den selbst ernannten „Investor mit Herz“, ausgeübt. Einen vergleichbaren Fall habe es laut Schmidt bereits vor Jahren in der Eisenbahnstraße gegeben, damals für Käufer*innen, die selbst in das Haus einzogen.
Wenig Hilfe
Aktuell prüfe allein Friedrichshain-Kreuzberg neun Vorkaufsfälle. Problematisch ist laut Schmidt dabei: Die landeseigenen Wohnungsunternehmen meldeten auch bei Häusern, deren Kaufpreise unterdurchschnittlich sind, sehr hohe Zuschussforderungen an, die dann von der Senatsverwaltung für Finanzen abgelehnt würden. Zudem ist der Topf für Zuschüsse an Genossenschaften aufgebraucht.
Die letzten Mittel rief die Bremer Höhe ab, um ein Haus in der Schönhauser Allee 135 zu erwerben. Wie das Bezirksamt Pankow am Mittwoch mitteilte, seien durch die Ausübung des Vorkaufsrechts 38 Wohnungen „gesichert“ worden. Für den Schutz weiterer Häuser demonstrieren Mieter*innen am Donnerstag, 17 Uhr ab dem ebenfalls verkauften Haus in der Alten Schönhauser Straße 26.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner