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Vordstandswahl an der OdenwaldschuleTrickreich gegen die Betroffenen

Zwei Jahre nach der Aufdeckung wählt die Odenwaldschule wieder einmal einen neuen Vorstand. Kommen jetzt endlich Reformer? Anzeichen dafür gibt es kaum.

Idyllische Lage mit „desaströsen Zuständen“. Bild: dapd

BERLIN taz | Geschichte wiederholt sich oft schneller, als man denkt. Vor zwei Jahren wählte sich der Trägerverein der Odenwaldschule einen neuen Vorstand – um endlich die brutalen Missbräuche an Schülern aufzuklären. Der Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Wilkes (CDU), setzte der Schule damals ein Ultimatum.

Am Samstag ist es erneut so weit. Da wählt der Trägerverein der Schule, in dem einst das Who’s who der Bundesrepublik saß, wieder einen neuen Vorstand. Die Mission ist dieselbe wie vor zwei Jahren: Aufklärung und Entschädigung. Und auch diesmal versucht Wilkes, die Schule auf den rechten Weg zu bringen.

An der Schule herrschten „desaströse Verhältnisse“, sagte der Landrat vor wenigen Tagen, als er sich mit der Leitung der Schule und Vertretern des Opferschutzvereins „Glasbrechen“ aussprach, in dem sich Altschüler, Aufklärer und Gewaltopfer organisiert haben. Er forderte von dem einstigen reformpädagogischen Eliteinternat, sich endlich seinr Vergangenheit zu stellen.

Das Treffen kann jedoch als ein Symbol dafür gewertet werden, wie trickreich und unsensibel die Schule mit ihrer Schuld umgeht. Zunächst habe die Schule versucht, das Treffen mit dem Landrat zu hintertreiben, berichten Altschüler der taz. Als man endlich zusammensaß, kam es zu einer Entgleisung der Schulleiterin, Katrin Höhmann, die vor einem Jahr als Erneuerin an die Schule gekommen war.

„Ich mag Sie nicht“

Ein aufgewühlter Betroffener, der mit am Tisch saß, sagte zu Höhmann: „Ich mag Sie nicht.“ Worauf Höhmann ihm entgegnete: „Ich mag Sie nicht!“ Bei Psychologen und Betreuern der Opfer löste die Reaktion entsetztes Kopfschütteln aus: Eine solche Attacke sei im Umgang mit Betroffenen nicht tolerierbar, sagten Missbrauchsexperten der taz.

Was sich an der Odenwaldschule seit dem März 2010 zuträgt, gleicht einer Achterbahnfahrt für die insgesamt rund 130 Betroffenen sexueller Gewalt. Niemand hatte damit gerechnet, dass an der Vorzeigeschule des linksliberalen deutschen Bürgertums sexuelle Gewalt möglich sein könnte – an der Schule gab es in den Jahren 1965 bis Mitte der 1980er Jahre aber mehr als ein Dutzend Täter. So steht es in einem Bericht zweier unabhängiger AufklärerInnen.

2010 schien der Wendepunkt erreicht zu sein. Damals übernahm Johannes von Dohnanyi den Vorsitz der Schule, und er versprach zusammen mit der Schulleiterin Margarita Kaufmann aus der Odenwaldschule jene Schule zu machen, die Maßstäbe beim Umgang mit sexueller Gewalt setzt. Dohnanyi hatte es wie die Aufklärerin Margarita Kaufmann ehrlich gemeint – aber beide hatten die Beharrungskräfte an der Schule unterschätzt.

Dohnanyi bekam keine Rückendeckung im Trägerverein für einen 100.000 Euro schweren Entschädigungsvorschuss an den Verein Glasbrechen – und trat enttäuscht zurück. Später wurde Margarita Kaufmann vom Vorstand der Schule als alleinige Leiterin entmachtet. Damit war die Aufklärung an der Schule quasi gestoppt.

Schwer definierbare Zickzackpolitik

Das Zepter übernahm damals Philip von Gleichen als Sprecher des Vorstands. Er praktizierte eine schwer definierbare Zickzackpolitik. Gleichen ließ zum Beispiel eine eigene Stiftung gründen, die für die Odenwaldschule die Entschädigung der Opfer organisieren sollte. Was auf den ersten Blick wie eine vorbildliche Aktion aussah, entpuppte sich schnell als Schachzug. Die Stiftung hieß zwar „Brücken bauen“, sollte aber in Wahrheit dem stets unbequemen Verein Glasbrechen das Wasser abgraben. Glasbrechen weiß viele Opfer in seinen Reihen und hat ein vorbildliches Entschädigungskonzept vorgelegt.

Die Stiftung „Brücken bauen“ hingegen verlor sofort das Vertrauen der Betroffenen. Als eines der Opfer sich an die Stiftung mit einem Antrag auf Entschädigung wandte, bekam es tatsächlich ein Antwortschreiben – adressiert an ein anderes Opfer. „Es war ein Mitschüler“, berichtete die Person, „von dem ich noch gar nicht wusste, dass er auch missbraucht worden war.“ Der Betroffene zog sofort Konsequenzen: „Ich habe den Antrag bei ’Brücken bauen‘ zurückgezogen und lasse meine Interessen künftig ausschließlich über Glasbrechen verfolgen. Dort bin ich mir sicher, dass mit Daten sensibel umgegangen wird.“

Inzwischen gibt es Stimmen im Trägerverein, die fordern, die Stiftung „Brücken bauen“ wieder abzuwickeln. Die Frage ist, ob diese Stimmen bei den Vorstandswahlen ausschlaggebend sein werden, für einen entschiedenen Kurs der Aufklärung. Vor dieser Wahl stand die Schule bereits vor zwei Jahren.

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9 Kommentare

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  • E
    Ex-Odenwaldschüler

    Aufgefallen ist mir auch das im jetzigen vorstand viele altschüler sitzen die mir als unangenehme mobber in erinnerung sind und die ausserdem mittlerweile ihre eigenen kinder wiederrum an der odenwaldschule haben bzw. hatten.Da kann man nichts anderes ausser-gelinde gesagt-Tricks erwarten.Denn wer konfrontiert sich schon gerne mit eigenen lebenslügen ?

  • E
    Ex-Odenwaldschüler

    Aufgefallen ist mir auch das im jetzigen vorstand viele altschüler sitzen die mir als unangenehme mobber in erinnerung sind und die ausserdem mittlerweile ihre eigenen kinder wiederrum an der odenwaldschule haben bzw. hatten.Da kann man nichts anderes ausser-gelinde gesagt-Tricks erwarten.Denn wer konfrontiert sich schon gerne mit eigenen lebenslügen ?

  • S
    Sonstnochwas?

    IHRE Wiedergabe des Gesprächs ist unwahr, verehrte Vero.

     

    "Sinngemäß" soll Frau Höhmann etwas ganz anderes gesagt haben? Vielleicht mögen Sie sich daran erinnern, was sie wörtlich gesagt hat - und zwar in Gegenwart zahlreicher Zeugen, darunter auch der Landrat.

  • V
    VERO

    "Ein aufgewühlter Betroffener, der mit am Tisch saß, sagte zu Höhmann: „Ich mag Sie nicht.“ Worauf Höhmann ihm entgegnete: „Ich mag Sie nicht!“"

     

    Diese Wiedergabe des Gesprächs ist unwahr.

     

    Frau Prof. Höhmann reagierte sinngemäss mit "das ist okay so". Als Schulleitungsmitglied der Odenwaldschule akzeptiert sie, dass sie von allen Betroffenen nicht gerade geliebt wird.

  • S
    SchnurzelPu

    Die "Assis" geben ihre Kinder ins Heim, die Elite ins Internat.

    Wozu hat man eigentlich Kinder, wenn man sie nicht um sich erträgt?

    Mir ist das Ganze fremd.

  • V
    VERO

    "Gleichen ließ zum Beispiel eine eigene Stiftung gründen, die für die Odenwaldschule die Entschädigung der Opfer organisieren sollte."

     

    Hier wird der Eindruck vermittelt, als sei es ein Alleingang von Herrn von Gleichen gewesen. Das ist falsch.

     

    Der Schulträgerverein hatte am 28.11.2010 das Stiftungsmodell beraten und ohne Gegenstimmen, bei einer Enthaltung, die Errichtung beschlossen.

  • IM
    ich mag Sie nicht

    Man darf jeden nicht mögen und man darf das auch in jedem Zusammenhang sagen.

     

    Jajajajaja, das Recht auf freie Meinungsäußerung bedeutet u.a. das Recht, "sich von allen alles anhören zu dürfen"

     

    Ja!

    Genau so ist es eben!

    Für den Satz "Ich mag Sie nicht" kann man niemanden nach dem Strafrecht belangen.

    Scheissegal, wem das alles nicht in den Kram passt.

     

    Wenn ich ein Missbrauchsopfer nicht mag, bedeutet das nicht, dass ich seine Leidensgeschichte in Frage stelle.

     

    Man darf ein Missbrauchsopfer sogar in seiner Eigenschaft als Missbrauchsopfer nicht mögen. Wenn es nämlich glaubt, damit alles entschuldigen zu können.

    Zum Beispiel den Missbrauch des eigenen Kindes, soll ja angeblich zusammenhängen.

     

    Aber das ist nur ein Extrembeispiel.

    Man darf jeden auch schon wegen viel weniger nicht mögen und kann dafür die allerbesten Gründe haben, scheißegal, wie übel das Leben dem anderen mitgespielt haben mag.

  • E
    eblek

    "... sich endlich seinr Vergangenheit zu stellen." - Ich reiche hier das fehlende "e" nach.

    "Niemand hatte damit gerechnet, dass an der Vorzeigeschule des linksliberalen deutschen Bürgertums sexuelle Gewalt möglich sein könnte..." - Sprachlich nicht ganz korrekt: "gewesen sein könnte".

  • E
    Ex-Odenwaldschüler

    trickreich waren die schon immer bis in die höchsten spitzen.Das die täter und ihre repräsentanten die betroffenen nicht mögen ist klar.Sie sind lästig.Man gibt nur soviel zu wie eh schon bekannt ist .Den rest hält man unter der decke.Die im walde müssen bei dem gehabe noch eine menge zu verbergen haben.Nochmals:Diese "Schule" gehört geschlossen denn die dort wollen weder aufklären noch anständig entschädigen.Ich bin ein nicht geouteter betroffener und nicht der einzige.