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Vor der LandtagswahlZweifel an Wahlcomputern in Hessen

Der Chaos Computer Club will Wahlcomputer bei der Hessischen Landtagswahl per Gericht verhindern. Die Computer seien vor Manipulationen nicht ausreichend geschützt.

Der Chaos Computer Club wagt den Aufstand gegen Wahlcomputer Bild: dpa

BERLIN taz Der Chaos Computer Club will den Einsatz von Wahlcomputern bei der Landtagswahl in Hessen verhindern. Er hat beim Staatsgerichtshof mit Hilfe einer hessischen Wählerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Acht hessische Kommunen wollen bei der Landtagswahl am 27. Januar auf Stift und Papier verzichten, bestätigte der Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel. Rund 100.000 WählerInnen sollen ihre Stimme an speziellen Wahlcomputern abgeben.

Dieses Wahlverfahren sei jedoch unsicher und leicht manipulierbar, sagt Constanze Kurz vom Chaos Computer Club. Die Wähler könnten nicht wissen, ob Hardware oder Software der Rechner manipuliert seien.

Das Bundesinnenministerium hingegen hält die Stimmabgabe per Computer für sicher. Es hat die Geräte der niederländischen Firma Nedap nach einem Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt für die Wahlen zu Bundestag und Europaparlament zugelassen.

Deshalb erlaubt das Land Hessen die Wahlcomputer im Dezember auch für die Wahlen zum hessischen Landtag. Dort haben einige Städte und Gemeinden längst Wahlcomputer, die bei Bundestags- und Kommunalwahl schon eingesetzt wurden. Ungeheuer praktisch hätten die Wähler das gefunden, sagt Karl-Heinz Schmitt von der Verwaltung der Stadt Lampertheim. Das Wahlrecht in Hessen erlaubt bei Kommunalwahlen die Häufung von Stimmen auf einen oder ihre Verteilung auf mehrere KandidatInnen. Der Computer mache das einfacher, spare Wahlhelfer und das langwierige Auszählen.

Deswegen hat die Stadt 21 Geräte für 130.000 Euro gekauft, gezählt wird nur noch digital. Zweimal hat das schon gut funktioniert. "Ich verstehe deshalb den ganzen Zirkus nicht", sagt Schmitt. Sollte der Computer-Einsatz so kurz vor der Wahl verboten werden, müsste er schnell 46 zusätzliche Wahlhelfer organisieren.

Schon bei der letzten Bundestagswahl wurden rund 1800 Nedap-Wahlcomputer in Deutschland eingesetzt. Dagegen liegt eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht vor, Constanze Kurz vom Chaos Computer Club rechnet mit einer grundsätzlichen Entscheidung zu den Wahlcomputern noch in dieser Jahreshälfte. Zusammen mit Kollegen hat sie ein Gutachten für das Gericht verfasst, in dem die Sicherheitsmängel beschrieben werden. "Niemand scheint es zu stören, dass mit den Wahlcomputern alle Kontrolle abgegeben wird", sagt sie.

Kein Problem mit den Nedap-Geräten hat Georg Hense von der Stadt Bad Soden: "Die Geräte machen keine Fehler." Für die knapp 15.000 Wahlberechtigten stehen 14 Computer bereit. Ihr Einsatz bei der letzten Bundestags- und Kommunalwahl sei ein voller Erfolg, man sei hochzufrieden.

Sollte der hessische Staatsgerichtshof die Stimmabgabe mittels Wahlcomputern nicht verbieten, kündigt die Bürgerrechtlerin Constanze Kurz Protest an. In diesem Fall werde man die Wahl nachträglich anfechten.

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