Vor Ort im Opel Kadett

■ Die mutmaßlichen RAFler Staub und Klette sollen in Bad Kleinen dabei gewesen sein / Ermittlungsbericht läßt sämtliche Fragen unbeantwortet

Berlin (taz) – Ende vergangener Woche war das Bundeskriminalamt mit einer Erfolgsmeldung an die Öffentlichkeit getreten. Überschrift: „Neue Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden aus ,RAF‘-Festnahme in Bad Kleinen“. Inhalt: ein Fahndungsaufruf nach Daniela Klette und Ernst-Volker Staub, mutmaßliche Terroristen des Kommandobereichs, deren Namen durch „kriminaltechnische Untersuchungen“ ans Licht gekommen sein sollen. Näherliegend ist indes, daß der V-Mann Klaus Steinmetz diese Namen offenbart hat, der die beiden laut Focus Ende 1991 im französischen Metz getroffen hatte.

Was da so feierlich als Erfolgsmeldung daherkommt, verwischt indes nur einen weiteren Mißerfolg der RAF-Fahnder. Laut Süddeutscher Zeitung waren Staub und Klette vermutlich während der mißglückten Festnahmeaktion selbst auf dem Bahnhofsvorplatz in Bad Kleinen und hätten festgenommen, zumindest aber überprüft werden sollen. Auch der Spiegel geht davon aus, daß Staub und Klette am Tatort waren, allerdings sollen sie sich in einem Opel Kadett aufgehalten haben. Die geplante Überprüfung der Insassen fiel flach, weil ein nur unvollständig übermittelter Funkspruch den verantwortlichen Beamten von seinem Platz rief – die Verdächtigen konnten wieder davonfahren.

Ein „Dokument der Verwirrung“ (Spiegel) ist der Bad-Kleinen-Ermittlungsbericht, der morgen dem Innen- und Rechtsausschuß hätte vorgelegt werden sollen. Innenminister Manfred Kanther („Wir werden die Sache vollständig aufklären“) verschob kurzerhand die Berichterstattung um eine Woche. In der bisherigen Fassung bereitet vor allem die Darstellung der Todesursache von Wolfgang Grams Sorge. Die Autoren des Berichts kommen zu dem Ergebnis, daß er sich entweder selbst umgebracht hat oder aber ein (selbst-, nicht fremdverschuldeter) Unfall die Tötung bewirkte. Der Bericht hält aber auch fest, daß keiner der Beamten eine Selbsttötung Grams' beobachtet hat. Außer acht gelassen wird die Aussage der Kioskverkäuferin, die den Tod als Tötung durch Beamte bezeugt.

Auch der Bauchschuß, der für sich allein schon lebensgefährlich war, wird nicht angemessen dargestellt: Das Projektil stammt aus einer Polizeiwaffe. Die Reinwaschung der Beamten erfolgt durch eine – trotz insgesamt widersprüchlicher Angaben – glättende Passage: „Es besteht Übereinstimmung, daß auf den liegenden Grams nicht mehr geschossen worden sei.“ Neue Spekulationsnahrung liefert ein Vorabbericht des Fernsehmagazins Report. Danach ist der Zugriff auf Grams und Hogefeld entgegen festen Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden erfolgt. Vor allem der V-Mann sollte nicht zwischen die Fronten geraten. Entsprechend habe sich der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz bis zuletzt gegen den Bruch der Einsatzkonzeption und den Zugriff in Bad Kleinen gewehrt. ja

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