Vor DFB-Pokalspiel: Mannschaft verzweifelt gesucht

Die Fußballer des Eimsbüttler Turnvereins in Hamburg verlassen am Donnerstag ihren Club - und bringen sich so um die Früchte ihres Pokalerfolgs.

Um ihn dürfen die Kicker vom ETV jetzt nicht mehr mitspielen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Für viele Fußballer ist es ein Traum, für die Kicker des Eimsbüttler Turnvereins (ETV) wurde es zum Alptraum. Vorigen Mai gewann das sechstklassige Team überraschend den Hamburger Oddset-Pokal als beste Amateurmannschaft der Stadt und qualifizierte sich damit für ein Gastspiel auf der großen Fußballbühne: dem DFB-Pokal. Ein Spiel, das wohl für alle Eimsbüttler Spieler den Karriere-Höhepunkt bedeutet hätte.

Hätte! Denn die Oddset-Helden von gestern werden bei dem großen Spiel Ende Juli nicht dabei sein - am morgigen Donnerstag endet ihre Clubmitgliedschaft. Im Streit um die Höhe der Erfolgsprämie für die Pokal-Qualifikation war es vergangenen Mittwoch zum Eklat gekommen: Weil der ETV-Vorstand den Fußballern nur 50 Prozent der Zusatzeinnahmen von 110.000 Euro zukommen lassen und die andere Hälfte für einen dringend benötigten Kunstrasenplatz verwenden wollte, trat das Erfolgsteam geschlossen aus dem ETV aus. Letztlich geht es darum, wie die Balance zwischen Breiten- und Spitzensport austariert werden soll.

Die Mannschaft sucht nun einen neuen Verein, der Verein eine neue Mannschaft, die ihn am 31. Juli im Pokal gegen den Zweitliga-Spitzenclub Greuther Fürth vertritt. Ein Novum in Fußball-Deutschland. Längst malt sich die Boulevardpresse Fußball-Castings aus und spekuliert, wer so alles für den ETV auflaufen könnte.

Denn auch eine Woche nach dem Eigentor am Mittwoch spricht nichts für einen Rücktritt vom Austritt. Während sich der Verein von den Spielern erpresst sieht, fühlen diese sich vom Verein jetzt als Gierlappen gebrandmarkt und schon länger nicht wertgeschätzt. "Uns wurde vermittelt, dass wir hier nicht mehr erwünscht sind - man hat uns rausgeekelt", klagt Ex-Trainer Dennis Mitteregger, inzwischen so etwas wie der Wortführer des Spieleraufstandes.

Der Ex-Trainer beklagt, dass ETV-Geschäftsführer Frank Fechner schon fünf Minuten nach dem Eklat von vergangener Woche eine wohl längst vorbereitete Pressemitteilung an die Medien versandt habe. Der ETV werbe nun mit lukrativen Angeboten - von 14.000 Euro sei die Rede - um gestandene Fußballer einer höheren Spielklasse.

"Vollständiger Blödsinn" erklärt dagegen Fechner. Der Pressetext sei "nach einem Bier auf den Schreck" spontan eine dreiviertel Stunde nach der Sitzung entstanden. Fremde Spieler böten sich zwar an, die Lücke zu füllen, doch "lukrative Angebote" habe es von Vereinsseite "mit Sicherheit nicht gegeben".

Zwar fordert der Präsident des Hamburger Fußball Verbandes, Dirk Fischer, "alle Beteiligten müssten das rückgängig machen und eine Lösung finden", doch dazu scheint es zu spät. "Wer uns Erpressung vorwirft, deklariert uns zum Feind", klagt Mitteregger, während Fechner beklagt, dass Mitteregger und sein Co-Trainer "ständig nachlegen und die Kluft vergrößern".

So geht es beiden Parteien um Schadensbegrenzung - für sich selbst: Der ETV bastelt einen Monat vor dem Pokalschlager unter Hochdruck an einem neuen Team, das zum Großteil aus der bisherigen A-Jugend bestehen könnte. Die ausgetretenen Spieler hingegen suchen einen Verein "bei dem wir geschlossen unterkommen". Infrage käme Ligakonkurrent Camlica Genclik.

Doch alle ETV-Fußballer werden nicht wechseln. Ein erster Spieler hat den Rücktritt vom Austritt erklärt und will wieder beim ETV und ach so gern im Pokal kicken. Beim kollektiven Austritt habe er sich nur dem "enormen Gruppendruck gebeugt".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.