: Von der Schwierigkeit,nicht rassistisch zu sein
■ betr.: „Rassismus verbieten“, taz vom 15.1.94
[...] In dem Entwurf der PDS/LL zeigt sich wieder, wie schwierig es ist, nicht rassistisch zu sein. Der Entwurf lautet (Paragraph 2): „Rassistisch handelt, wer einen anderen Menschen unmittelbar oder mittelbar aus Gründen der Hautfarbe, der Rasse, der Nationalität, der ethnischen Herkunft, der Kultur oder Religionszugehörigkeit nachteilig behandelt.“
Damit geht der Entwurf davon aus, daß es so etwas wie „Rasse“ als Merkmal unter Menschen gibt – und übersieht somit, daß genau dieses Konzept von „Rasse“ die alleinige Basis des Rassismus überhaupt ist. Das Konzept von „Rassen“ hat in keinem anderen Kontext irgendeine Bedeutung oder einen erklärenden Wert als in dem, wo eine Hierarchie von Rassen aufgestellt wird. Die Einteilung der Menschen in „Rassen“ dient nichts anderem als dem Beweis der Überlegenheit einer „Rasse“ über die andere. Es gibt daher auch keine ernstzunehmende wissenschaftliche Arbeit, in der „Rasse“ irgendeine aufklärende Deutung bieten könnte – und das gilt durchaus für den wissenschaftlichen Mainstream.
[...] Da allein die Einteilung der Menschen in verschiedene Rassen rassistisch ist, muß der Entwurf der PDS/LL in Paragraph 2 entsprechend umformuliert werden, etwa: „Rassistisch handelt, wer die Menschen in Rassen einteilt oder wer einen anderen ... (usw. wie oben, aber „der Rasse“ streichen).“
Mit der Eliminierung des Konzeptes „Rasse“ aus dem Alltagsdenken werden sicher nur wenige Probleme gelöst, doch muß an einer solchen Stelle damit begonnen werden, den gebräuchlichen Denkkategorien ein Element zu nehmen, das nur allzu leicht als quasi wissenschaftliche Begründung für unmenschliches Handeln hergeholt wird. Tilman Lenssen-Erz, Köln
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