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Von der Schönheit des RauchensOhne Schachtel kein Traktat

Nichtrauchen ist zur normativen Aufforderung geworden. Wer spricht da noch von der Schönheit des Dunstes? Ein Plädoyer für das Rauchen bei geistiger Produktivität

Hannah Arendt rauchte gerne. Bild: dpa

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10 Kommentare

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  • S
    suffnase

    toll...große literaten haben unmengen von alkohol getrunken und ohne krasse drogen wäre ein faust 2 nie möglich gewesen. soll uns das jetzt auch zur rechtfertigung von alkoholismus und drogenmissbrauch dienen?

  • N
    Nachtschwärmer

    Lieber Klaus Bittermann, einfach mal einen gründlichen Entzug riskieren, soll ja immerhin möglich sein. Und dann, etwas später, suchtfrei, den Vergleich machen. Mal schauen wie sich die Schreibe verbessert, wie die geistige Produktivität wächst und die Themen wieder interessanter werden können.

  • M
    michael

    Wer heute in Mumbai (früher Bombay) spazieren geht, inhaltier soviel Abgase, als würde er im Vergleich dazu zweieinhalb Schachteln Zigaretten rauchen. Ich freue mich darauf, wenn Autofahren endlich abgeschafft wird. Hmm...

  • HS
    Hella Streicher

    Lieber Klaus Bittermann,

     

    Ihren zutreffenden Kommentar mit einer Liste aller berühmte Raucherinnen und Raucher seit J.S. Bachs Loblied auf die Tabakspfeife zu ergänzen wäre müßig. Deshalb will ich nur anmerken: daß der Feldzug gegen das Rauchen ganz offensichtlich ein Kreuzzug ist und der Gesundheitswahn eine religiöse Erweckungsbewegung; genauer: die westliche Entsprechung zum islamischen Fundamentalismus. Selbst Politikern wie dem CDU-Generalsekretär Thomas Strobl ist ja schon aufgefallen, daß wir es - ich zitiere ihn wörtlich - mit "fanatischen Eiferern" zu tun haben. Und diese Eiferer sind, wie ich schon oft erlebt habe und immer wieder sehe, durchaus nicht fähig oder willens, die bedeutende kulturgeschichtliche und sozialpsychologische Rolle des Tabakgenusses anzuerkennen. Wer raucht, ist in ihren Augen des Teufels; und wer - wie unsere Fundamentalisten - den Teufel ein für allemal aus dieser Welt verbannen will, der sorgt sich nicht um die verheerenden Folgen der Prohibition gerade auch für die geistig Produktiven.

     

    Eine neue Plakatkampagne der ASH Neuseeland zeigt, wie weit der Irrsinn mittlerweile schon gediehen ist. Das Poster zeigt die rauchenden Twin Towers in Gestalt zweier Zigaretten, und darunter steht: "Terrorism-related deaths since 2001: 11,337 - Tobacco-related deaths since 2001: 30,000,000". Wer diese mit pseudowissenschaftlichen Daten operierende Propaganda ernstnimmt, der wird vor nichts zurückschrecken, um die Welt vom vermeintlich allergrößten Übel zu befreien: und das ist eben nicht nur das Rauchen als solches und schlechthin, sondern es sind die Raucher, also (wie immer wieder gern betont wird) egoistische, rücksichtslose und durch das Nikotion unzurechnungsfähig gewordene Menschen, die angeblich schuld daran sind, daß -zig Millionen, ja Milliarden ihrer Mitmenschen am Tabakrauch gestorben sind und auch (wie ebenfalls immer wieder gern betont wird) UNSCHULDIGE KINDER weiterhin am sog. Passivrauch sterben werden, wenn nicht -

     

    - ja was? Ich wage mir nicht vorzustellen, zu welchen Mitteln die Fundamentalisten im weißen Kittel, ihre Anhänger in den Parlamenten und die Mitläufer in den Werbeagenturen und den Medien bis hin zum aufgehetzten kleinen Mann einst greifen werden. Der Zweck der totalen Volksgesundheit heiligt, wie auch der Kampf gegen den Terrorismus, letztlich jedes mögliche Mittel. Auch wenn all das, was wir bisher unter Aufklärung, Demokratie, Humanität und Kultur verstanden, dabei auf der Strecke bleibt.

     

    Lieber Klaus Bittermann, - : tragen Sie auch weiterhin mit dazu bei, Ihre Leser dafür zu sensibilisiere, daß und weshalb es bei der Debatte um das Rauchen nie nur um den Tabak ging, sondern immer auch um den Versuch radikaler Minderheiten, im Namen des vermeintliches Wohles aller die die Freiheit des Geistes und die Vielfalt der Lebensformen auf das den jeweils Herrschenden genehme Maß zu begrenzen.

     

    In diesem Sinne, mit Dank & Gruß

     

    Hella Streicher, Bremen

  • JN
    jean-gert nesselbosch

    erst herr Tidof, dann herr Bittermann mit demselben

    schmuss. menschenskinner ! ich kapiere nicht, wieso

    man eine attitüde mit suchtcharakter zu einem nicht

    wegzudenkenden teil der kulturgeschichte erklaeren muss. wahrscheinlich konnte Hannah Arendt ohne kippen nicht richtig nachdenken, Sartre und Benjamin

    auch nicht. na und ? wahrscheinlich hat Sartre oder irgendein anderes genie auch unterm tisch hospitalistisch mit den beinchen geruckelt und gezuckelt. Wittgenstein hat nicht geraucht, Saul Kripke wohl auch nicht, Hilary Putnam auch nicht, nehme ich an. aber die typen geben halt kaffehausliteratenmaessig auch nicht soviel her, oder ? das sind bloss streber-nerds. sehen Sie : es ist doch unstrittig, dass

    es genialisch putzt, wenn man ne kippe rauchend, slightly unfrisiert den denker mimt. aber mal abgesehen davon, dass es schon nicht mehr so lustig ist, wenn man sich nach 40 jahren rauchen und dem ersten schlaganfall staendig in die hose scheisst, weil man den krempel halt einfach nicht mehr bei sich behalten kann, ist das doch wohl eher "schein als sein", wie omas zu sagen pflegen.

    gegen das "scheinen" ist ja auch nix einzuwenden, aber muss man das zur hauptsache erklaeren ?

  • T
    Thomas

    "Ein Problem vor allen Dingen, das mit einer Vehemenz angegangen wird, die ausreichen würde, um weit gravierendere Dinge in der Welt in den Griff zu kriegen."

     

    Dann gehen Raucher im Umkehrschluss diese Dinge an, da sie schlichtweg noch Zeit und Energie übrig haben? Ist mir entgangen ...

     

    "Aber größere Sorgen macht man sich im Westen um die eigene Gesundheit. Man versucht, das Leben zu verlängern [...]"

     

    ... aber man muss es auch nicht mir Ach und Krach verkürzen, oder?

  • Z

    "warum sachlich, wenn's auch persönlich geht". oder peinlich. möglicherweise jedoch am meisten für diese zeitung.

  • SS
    Smoke stinks

    Rauchen ist einfach nur dumm.

  • SL
    Sebastian Lisken

    Sehr viele sprechen noch von der angeblichen Schönheit des tödlichen Tabakqualms, auch hier in der taz. Was diese kulturelle Verklärung aber ignoriert, ist die klare Tatsache, dass es nur eine Form des kultivierten Tabakgenusses geben kann: diejenige, bei der nicht in Räumen geraucht wird, in denen auch Nichtraucher anwesend sind oder sein könnten. Nur darum geht es beim Rauchverbot, nicht um einen Feldzug gegen Raucher oder das Rauchen an sich.

  • SK
    Stefan Krug

    Bittermanns Zitatesammlung ist vergnüglich zu lesen, und in der Tat, man hat sie lieb gewonnen, die qualmenden Geistesgrößen. Wer einmal eine Boyard geraucht hat, kann über Sartres lebenslange Kondition nur staunen. Doch dann verfällt Bittermann am Ende doch in die übliche Larmoyanz, die Feuilletonisten beim Thema Rauchverbot stets ergreift: das Verbot wird bierernst zur "Entmündigung" stilisiert, zur Knebelung von Geist und wahrem Lebenstil, zum "Anschlag aufs selbstbestimmte Handeln" überhöht, und mit stolz geschwellter Brust schreibt der Kulturschaffende gegen diesen Akt des "saturierten Bürgertums" an. Wow. Wenn heute schon das Festhalten am Glimmstengel genügt, um sich selbst einen revolutionären Akt zu bescheinigen, dann gute Nacht. Let`s face it: Aus vielen Federn kommt heute auch mit Schachtel kein Traktat mehr - da kann ein Rauchverbot auch nicht mehr viel anrichten. Tatsächlich eignet sich nichts weniger zur Selbstverklärung als dieses Thema. Wer bitte will denn in Deutschland das Rauchen verbieten? Es geht nicht um einen "Feldzug gegen das Rauchen", sondern um den Gesundheitsschutz von Nichtrauchern. Dass diese nicht wider Willen zugequalmt werden dürfen, ist schlicht eine Selbstverständlichkeit, die auch ohne die jährlich 3000 Toten durch Passivrauchen selbstredend ist. Wer rauchen will, der rauche, nur nicht da, wo er andere belästigt und schädigt, dass ist die ganze story. Ja, es gibt weit gravierendere Dinge in der Welt - als das deutsche Wehklagen über das Draußenrauchen. In Frankreich, Italien und Großbritannien gilt ein klares und umfassendes Rauchverbot, voilà bzw. basta! Kaum vorstellbar, dass ein Sartre deshalb länger als einen Wimpernschlag gejammert oder auch nur eine Zeile weniger gut geschrieben hätte.