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■ QuerspalteVon der Reise nach Königsberg

Man hat es heutzutage wirklich nicht leicht. Pizza schmeckt wie Hamburger, Frauen reden wie Männer, dicke Toyota sehen aus wie dicke Mercedes-Benz, junge CDUler reden wie Grüne und Grüne wie junge CDUler. Und Kollegen, die wir schon der PDS zuschlagen wollten, reden in der Kneipe plötzlich wie ausgefuchste Neoliberale, schwärmen von Billiglöhnen und vom Jobwunder USA. Da ist es schon tröstlich, daß uns gewisse Menschen nicht enttäuschen wollen. Sie lassen Erinnerungen wach werden an die schöne alte Zeit, als die Unterscheidung in Freund und Feind unser Leben aufs allertrefflichste erleichterte. Zu jener selten gewordenen Spezies gehört ganz gewiß die Landsmannschaft der Ostpreußen. Die Hardcore-Vertriebenen sehen einfach nicht ein, daß „Königsberger Klopse“ zum Kochrezept degeneriert sind. Sie wollen ihr Leib- und Magengericht am liebsten wieder in Immanuel Kants Geburtsstadt servieren, in urostpreußischen Lokalen versteht sich, deren Innenrichtungen wohl drapiert sein werden mit den Blutfahnen der Ahnen. Nun sind da bekanntlich seit 1945 die Russen – und irgendwo auch noch die Polen. Die Vertriebenen aber lassen sich durch solcherlei Kleinigkeiten nicht aus der Spur werfen. Am Wochenende verkündete der Sprecher der Ostpreußen, ein gewisser Wilhelm von Gottberg: Der Ahnen werde man „unwürdig, wenn das empfangene Erbe für ein Linsengericht verschleudert“ wird. Wir hätten uns da ein wenig mehr Präzisierung gewünscht, schon um der lieben Übersichtlichkeit willen. Wer soll die Königsberger Klopse nach Ostpreußen bringen? Der Deutsche Orden kann nicht gemeint sein, die Wehrmacht wurde bekanntlich am 8. Mai 1945 abgewickelt, und die Bundesregierung will seit 1990 nicht mehr. Wer also bliebe? Eigentlich nur die Landsmannschaft. Deren Mitglieder aber werden von Treffen zu Treffen älter und schafften gerade mal noch die Anreise zum Tagungsort in Düsseldorf. Aber, fragen wir uns besorgt, wie soll das erst werden, wenn es nach Königsberg geht? Severin Weiland

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