Von Hisbollah entführte Soldaten: Israel sagt Ja zu Austausch

Israels Kabinett hat einen Gefangenentausch mit der Hisbollah in die Wege geleitet - ungeachtet der Vermutung von Regierungschef Olmert, die Entführten seien tot.

20 Ja-Stimmen, drei Enthaltungen: Israels Kabinett beschließt Austausch Bild: dpa

JERUSALEM taz Israel und die Hisbollah wollen ihre Gefangenen austauschen. Die letzte Hürde zur Befreiung der im Sommer 2006 entführten Soldaten Eldad Regew und Ehud Goldwasser hat die israelische Regierung am Sonntag aus dem Weg geräumt, als 20 der Minister für den Handel stimmten, 3 enthielten sich. Das Kabinett entschied gegen den Rat der Nachrichtendienste und ungeachtet der von Regierungschef Ehud Olmert geäußerten Vermutung, dass "die Entführten, nach allem, was bekannt ist, nicht mehr am Leben sind", für den Austausch, bei dem auch der in Israel wegen mehrfachen Mordes verurteilte Samir Kuntar auf freien Fuß kommen soll.

Juval Diskin, Chef des inländischen Nachrichtendienstes Shin Beth, und sein Kollege vom Mossad, Meir Dagan, warnten vor dem Handel, der von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah im Libanon "als Sieg gefeiert werden wird". Die damalige Hisbollah-Operation lief unter dem Namen "Erfüllung des Versprechens" - des Versprechens von Nasrallah, den seit 1979 in Israel inhaftierten Kuntar wieder nach Hause zu bringen. Diskin und Dagan argumentierten, Israel büße im Falle eines Austauschs an Abschreckungskraft ein.

Außenministerin Zippi Livni gehörte zu den Regierungsmitgliedern, die mit einer Zustimmung zu dem Handel zögerten, weil "wir noch immer nicht sicher wissen, ob die Soldaten tot sind". Dessen ungeachtet riet Transportminister Schaul Mofas dazu, der "schmerzvollen Geschichte" ein Ende zu machen: "Wenn Israel nicht für seine Söhne einsteht, werden seine Söhne nicht für Israel einstehen." Um die Moral der jungen Soldaten hochzuhalten, war Israel bislang stets bereit, einen hohen Preis für den Austausch von Geiseln zu zahlen. Die beiden größten Gefangenenaustauschaktionen fanden in den 80er-Jahren statt: Im November 1983 wurden über 4.700 Sicherheitshäftlinge im Gegenzug für 6 israelische Soldaten entlassen, die ein Jahr zuvor in die Hände der Fatah gefallen waren. Im Mai 1985 kam es zu dem bekannten "Dschibril-Deal", bei dem 3 israelische Gefangene gegen 1.150 palästinensische Häftlinge ausgetauscht wurden.

Die liberale Zeitung Maariv warnte vor "einer hysterischen Kapitulation, die dazu führt, jeden Preis zu bezahlen". Damit riskiere man "viele weitere Entführungen und Morde". Maariv erinnerte außerdem daran, dass "Samir Kuntar den Kopf eines vierjährigen Mädchens zerschmetterte". Smadar Haran, die Mutter des Mädchens, verlor im Verlauf des Überfalls vor knapp 30 Jahren ihren Mann und ihre zweite Tochter. Aus Solidarität mit den Familien der beiden Entführten wandte sie sich mit einem Brief an die Minister: "Kuntar war nie mein Privathäftling", schreibt sie. "Mein persönlicher Schmerz darf nicht von Bedeutung sein." Sie appellierte an das Kabinett mit den Worten: "Die einzige Überlegung muss das Interesse des Staates sein."

SUSANNE KNAUL

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.