piwik no script img

■ TipVon Herzen korrupt

„The New Statesman“, ab heute montags bis freitags um 19 Uhr bei arte

Wäre die englische Sitcom „The New Statesman“ eine deutsche Produktion, sie würde wohl nach dem ersten Trailer aus dem Programm genommen. Denn Politwitz, der so derbe daherkommt wie im Mutterland der Satire, hat hierzulande noch nie lange auf dem Schirm überlebt.

Mit einer Mischung aus Zynismus und sog. Politikverdrossenheit beschreibt die Serie den unaufhaltsamen Aufstieg des Provinzpolitikers Alan B'Stard (sprich: Bstaahr, nicht Bastard, wie es die Opposition in der Sendung gerne tut). Von Herzen korrupt macht der konservative Politiker im England der späten Thatcher-Jahre eine Traumkarriere: Seinen Sitz im Unterhaus erringt B'Stard (Rik Mayall), weil alle Herausforderer in seinem Wahlkreis bei mysteriösen Autounfällen ums Leben kommen. Als seine Frau, die eine Affäre mit seiner politischen Beraterin hat, die Scheidung einreichen will, ruiniert er mit gefälschten Briefen die Autofirma, von deren Aktienausschüttung sie lebt. Seinen sozialistischen Opponenten Crippen outet er und beendet so seine parlamentarische Karriere.

Die Bergbaukrise, der Robert- Maxwell-Skandal, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien, der Fall der Mauer – es gibt wenige politischen Ereignisse der letzten Jahre, die die Serie, die zwischen 1987 und 1992 im britischen TV lief, nicht aufgreift. Die Drehbücher stammen von den Autoren Laurence Marks und Maurice Gran und wurden zum Teil kurzfristig der politischen Gemengelage entsprechend aktualisiert. So konnte in einer Produktionspause wegen einer Verletzung des Hauptdarstellers in der vierten Staffel noch kurzfristig auf den Sturz Margaret Thatchers reagiert werden. Die Unbeliebtheitsrekorde von John Major werden genauso thematisiert wie die Rückkehr des Rechtsradikalismus in Europa.

Selbst der britische Pop-Exzentriker Screaming Lord Sutch hat in „The New Statesman“ eine Nebenrolle bekommen. Allerdings ist die von Yorkshire Television produzierte Serie leider nicht frei von sexistischen und homophoben Pointen und Klischees.Tilman Baumgärtel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen