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Vom kurzen Glück der Gleichheit

■ 250 Frauen der Soroptimisten-Loge ließen sich im Bremer Park Hotel über die Dimensionen der Liebe und ihrer gewaltförmigen Perversion aufklären

Frauen tratschen eben über die Liebe, worüber auch sonst wer dieses Vorurteil widerlegt haben wollte, der hätte am Sonntag vormittag zur Jahresversammlung der Frauen-Loge der „Soroptimisten“ ins piekfeine Parkhotel kommen müssen. Ca. 250 Damen, alle in ihren Berufen arriviert und vom Selbstverständnis her zu den „Besten“ in ihren jeweiligen Städten gehörend, hatten die satzungsmäßigen Aufgaben hinter sich gebracht, eine neue Präsidentin für das Jahr 1990 gewählt und einen Kongreß über „Gewalt in der Ehe“ beschlossen. Für den Festvortrag - etwa zur sonntäglichen Gottesdienstzeit geplant - war die Berliner Soziologin Dr. Doris Janshen eingeladen. Ihr Thema: „Liebe - zur politischen Dimension eines Gefühls.“

Männer reagieren meist infan

til, wenn das Gespräch auf die Liebe kommt, stellte Doris Janshen selbstbewußt fest, und sie reden wenig darüber - ein Hinweis darauf, daß sie auch wenig darüber nachdenken. Liebe wollen wir „wahr und rein haben“, wie ein Edelmetall, aber sie „tritt nicht rein auf“, erklärte die Soziologin den Sorores die Ernüchterungen des Lebens. Die Formen der Liebe sind gesellschaftlich gelernt, Liebe ist vielfältig in gesellschaftliche Muster eingebettet: Liebe zum Hund, Liebe zu Gott, Liebe zur Natur ...

Liebe lernen die Kinder in einem tragischem Kontext, sie ist in ihrem Ursprung von einem Dilemma überschattet: die elterliche Liebe geht einher mit Unter

werfung, ist mit Ungleichheit gepaart. In „spätere Inszenierungen“, mußten sich die Sorores erklären lassen, geht diese Erfahrung der Ungleichheit immer wieder ein. In der Selbsterniedrigung von Liebenden taucht diese Ungleichheit wieder auf, in den gar nicht so seltenen Extremen, den Perversionen des Eros: ein Drittel der Ehen kennt Schläge und Vergewaltigung, 300.000 Kinder werden nach Schätzungen des BKA jährlich in der Bundesrepublik sexuell mißbraucht - „Frauen können an keinem Ort der Gesellschaft sicher sein“. Und die „Erfahrungen, die wir in intimen Situationen machen, wurzeln tief.“

Aber immerhin lernen die Kin

der die Liebe von den Müttern, auch die mütterliche Liebe stellt Bedingungen, will einbinden, Gegenliebe und eigentlich ein Stück Ungleichheit. Die Soziolo gin erklärte den Damen der Loge die Konsequenz: „Das kurze Glück der Gleichheit ist selten und selten von langer Dauer.“

Aber die Lernfähigkeit der Menschen in unserem Jahrhundert, auch in den gefühlsmäßigen Dispositionen, sei größer als die vergangener Generationen, fand die Referentin zu einer (sor -)optimistischen Pointe: „Wenn man etwas verändern will, muß man mutig sein.“ Wenn die Rollenverteilung zwischen dem Mann -Krieger und der Frau-Mutter - zu Recht - abgelehnt werde, müsse frau „überlegen, welche Differenz für uns attraktiv wäre“.

K.W.

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