: Vom Nachttisch geräumt: BUCHHÄNDLER
Ein kleines Porträt. Knapp dreißig Seiten über den Buchhändler Martin Flinker. 1986 starb er im Alter von 91 Jahren. Hans Scherer schreibt sehr schön: „Mit Flinkers Tod hatte niemand mehr gerechnet.“ Der aus der dem jüdischen Bürgertum der K.u.K. Monarchie stammende Martin Flinker war 1938 aus seiner Buchhandlung am Kärntnertor - einem der intellektuellen Zentren Wiens - geflohen. Seine Frau und alle anderen Verwandten starben in Auschwitz, in Theresienstadt. Aus Paris mußten Martin Flinker und sein Sohn, den er mit in die Emigration genommen hatte, nach Caen, nach Limoges fliehen, dann ging es über Madrid nach Afrika und nach der Zerschlagung von Nazieuropa zurück nach Paris. Dort öffnete Flinker eine deutsche Buchhandlung, in deren Stapeln man auch noch Entlegenstes finden konnte. Vorausgesetzt, der Besitzer erlaubte einem zu suchen. Hans Scherers Porträt endet mit den Sätzen: „Ich erzählte ihm von einem Artikel, in dem Thomas Mann mit Vladimir Nabokov verglichen wurde. Das leuchtete ihm nicht ein. 'Nabokov, nun ja‘, sagte er, 'ich kenne ihn. Ich sehe ihn oft, er wohnt ja hier um die Ecke.‘ Nabokov war seit über zehn Jahren tot. Flinker war unser Verbindungsmann zu den Toten.“
Hans Scherer, Martin Flinker, der Buchhändler - Ein Emigrantenleben, Oase Verlag, Vertrieb: Frankfurter Bund für Volksbildung Echersheimer Landstraße 2, 6000 Frankfurt/Main 1, 34 Seiten mit s/w Fotos, kostenlos.
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