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Archiv-Artikel

Vom Kirchentag ins Haus gespült

Gastgeber der Privatquartierkampagne des Glaubenstreffs haben trotz ogranisatorischer Pannen angenehme Erfahrungen gesammelt

Knapp 8.500 KirchentagsbesucherInnen waren in einem Privatquartier untergekommen, 800 davon aus fremden Ländern. Etwas unter den angestrebten 10.000 Leihbetten geblieben war damit die Kampagne des Kirchentagsbüros. Fast durchweg positive Erfahrungen haben indes die GastgeberInnen gemacht.

So die fast 80-jährige Frau T., die Platz im Haus und keine Angst vor Fremden hat. Ihr halbes Leben hat sie in fernen Ländern verbracht, deshalb wünschte sie sich Gäste von weither. Zwei Kenianerinnen kamen zu ihr, mit denen konnte sie Englisch sprechen. Viel Zeit dazu war allerdings nicht: Die Gäste hatten ein volles Programm, abends seien sie todmüde ins Bett gefallen, so Frau T.

Familie R. hatte auch Gäste, nicht von weither und doch aus einer fremden Welt: aus dem Osten. Darüber mehr zu erfahren, fanden R.s interessant. Zu ihnen kam eine Pfarrerin aus Halberstadt mit ihren zwei Töchtern. Sie stammte aus einer Familie, in der Glaube und Politik immer zusammenhingen. Ihr Vater saß im Stasigefängnis, sie selbst war Ende der 80er in kirchlichen Oppositionsgruppen engagiert.

Bei Frau H. wurden zwei Theologen aus Bayern einquartiert. Sie fand die Zeit entspannt und anregend. Ihre Gäste fühlten sich wohl in Bremen und fanden den Kirchentag interessant, allerdings, meinten sie, hätte er ihnen auch viel Toleranz abverlangt, um diesen allgegenwärtigen Sakropop zu ertragen.

Für Herrn G. war klar, dass seine Familie Gäste aufnimmt. „Ich liebe es, wenn die Hütte voll ist“. Also räumten die Söhne ihre Zimmer. Platz für vier Gäste, ein Paar müsste dabei sein, denn in einem der Zimmer steht ein Doppelbett.

Das muss man im Kirchentagsbüro überlesen haben: Zugeteilt bekamen sie einen Mann und drei Frauen, die zwar zur gleichen Reisegruppe, aber sonst nicht zusammengehörten. Die G.s borgten sich ein zusätzliches Luftbett fürs Wohnzimmer. Am Dienstag sollten die Gäste kommen, die berufstätigen Eltern organisierten ihre Kinder als eine Art Stallwache – damit jemand da wäre, wenn die Ukrainer aufschlagen. Aber sie kamen nicht: Der Bus hatte ein Problem.

Als sie schließlich anrückten, waren es nur zwei, aber, wie die G.s berichten, „zwei strahlende Frauen, die uns viel weißen Speck vom hausgeschlachteten Schwein als Gastgeschenk mitbrachten, und mit denen wir uns bestens verstanden, obwohl wir kaum miteinander reden konnten“, so die G.s Beim letzten gemeinsamen Frühstück am Sonntag habe die eine von ihnen ihr Handy hervorgeholt und „ihren Dank vorgelesen“. Den hatte ihre Tochter in der Heimat per SMS ins Englische übersetzt.

CHRISTINE SPIESS