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Vom Foto zum Film

■ „Milk“: Edgar Honetschläger liefert den Künstler ans Messer der Lächerlichkeit

Auf dem Kunstmarkt steht Edgar Honetschläger momentan hoch im Kurs. Auf der letzten documenta war er mit einer Fotoserie zum Thema Akt mit Stuhl vertreten, für die ein gutes Dutzend nackter JapanerInnen mit Sperrmüllhockern posierten. Es ging um Autoritätsfixiertheit und die Fremdheit zwischen Ost und West. Das hat dem 34jährigen Linzer Mut gemacht. Er arbeitete seine Reiseerfahrungen in „Milk“ gleich noch filmessayistisch auf. Tokio und Japan, die Stadt, das Land und all die bunten Zeichen – „Sans Soleil“, nun also auf österreichisch.

Das Ergebnis ist ganz schlimm. „Milk“ zeigt tatsächlich einen „zerrissenen europäischen Künstler, der, angezogen von einer ungewöhnlichen Japanerin, welche er im New Yorker Chelsea Hotel kennengelernt hat, ein mysteriöses Monument in Tokio entdeckt“. Ähnlich wie der Pressetext sind auch die Dialoge des Films: „Ich mag deine Sommersprossen“, schwatzt der junge Künstler hölzern auf seine japanische Bekannte ein, die ihm im ortsspezifischen Singsang antwortet: „Aber das sind doch meine schwächsten Stellen.“ Später kichert sie noch ein bißchen und geht in die Badewanne, wo Honetschläger ihren Busen besser filmen kann, wenn er nicht gerade sein Künstler-Alter- ego mit einem der Hocker durch die Gegend staksen läßt.

Ansonsten kommt das Mädchen aus gutem Hause, hat schon in New York gelebt und ist trotzdem zu blöd, Austria und Australien auseinanderzuhalten, wo doch alle wissen, daß das eine Mozart und das andere Kängeruh bedeutet, wie ihr eine ähnlich blöde Amerikanerin erklärt. Außerdem erfährt man, daß die Japaner kein Schamhaar mögen. Derart füllt Honetschläger über anderthalb Stunden Film, was für die documenta in Ordnung geht, weil dort ja keiner hingucken muß. Im Kino ist die Sache nur schwer zu ertragen. „Milk“ erklärt sich übrigens so: Die Japanerin beichtet, daß sie in keinen Kimono mehr paßt, weil die aus Europa importierte Milch die Leute aus den alten Klamotten wachsen läßt. Davon geht die Tradition kaputt. Na, soll sie doch. Harald Fricke

Forum: heute, 17 Uhr, Akademie der Künste

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