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Volltrunken und gut befeuert in den Mai

Reinhard Wolff
Kolumne
von Reinhard Wolff

Am 30. April feiern die Schweden das Fest der heiligen Valbor, doch eigentlich betrinken sie sich einfach nur. Aber auch das hat eine lange Tradition.

In Schweden bereitet man sich auf das Alkoholfest vor. Bild: AP

I ch habe es selbst noch nicht getestet. Aber mir erzählen lassen, dass es toll sein soll, bei klarem Wetter in der Nacht des 30. April gegen 22 Uhr vom Flugzeug aus auf Schweden und abertausende von „Vårbrosor“ (Frühlingsfeuer) hinunterzuschauen.

Das Frühlings-, Mai- oder Valborg-Feuer rangiert auf der Skala der schwedischen Feste gleich hinter Mittsommer. So wird auch Montagabend wieder alles auf den Beinen sein, wenn am Seeufer „unsere“ Vårbrosa angesteckt wird. Nach dem Pflichtprogramm mit Ansprache wird abschließend zu den Tönen der Blaskapelle im Schein der langsam verlöschenden Flammen ein lautstarkes „Sköna maj, välkommen!“ geschmettert.

Danach löst sich die Versammlung in kleinere Festgesellschaften auf, wo auch Hochprozentigerem zugesprochen wird. Valborg (Walpurgis), hat einen Spitznamen: „Fylleborg“. Und „Fylle“ heißt besoffen. In den Frühnachrichten am 1. Mai toppen Randalemeldungen alle andere Nachrichten aus den Polizeiberichten. Meist schafft es Uppsala mit seinen StudentInnen auf den Spitzenplatz.

Bild: taz
Reinhard Wolff

ist Korrespondent der taz in Schweden.

Die Feuer haben eine lange Tradition. Zu heidnischen Zeiten wurden in dieser Nacht die Dämonen vertrieben. Später die Wölfe und Bären, bevor die Bauern ihre Tiere auf die Weiden ließen. Im Mittelalter kam das Feiern hinzu. Für Kaufleute und Handwerker endete am 30. April das alte Rechnungsjahr. Und als das Christentum nach Skandinavien kam, okkupierte es den Tag und verpasste ihm den Namen der heiligen Valborg. Bei den Hexen blieben die Schweden widerspenstig. Die sind hier nicht in der Valborgnacht unterwegs, sondern am Gründonnerstag.

Sportliche Wettbewerbe um das schönste Feuer

Das Brennbare für das Frühlingsfeuer wird in den Wochen vorher aufgehäuft. Das größte und am längsten brennende Feuer zu haben – dieser Ehrgeiz führt in einigen Gegenden zu einem sportlichen Wettbewerb. Speziell auf Inseln entlang den Küsten wird teilweise ein wildes Brauchtum gepflegt. Klar, hier sieht man die Feuer kilometerweit.

Die Vorbereitungen für die Vårbrosa beginnen dort gleich nach Weihnachten mit dem „Grankrig“ („Tannenkrieg“). Jugendliche horten und verstecken die ausrangierten Weihnachtsbäume. Die Konkurrenz versucht dieses kostbare Material zu stehlen. Vor allem in den letzten Tagen vor dem Valborg-Abend hilft nur noch Bewachung rund um die Uhr. Damit die Nachbarinsel den Reisigberg nicht vorzeitig abfackelt. Und dann wirklich nur ein tiefer Blick in die Gläser trösten kann.

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

1 Kommentar

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  • W
    wauz

    Die Walpurgisnacht ist auch bei uns die Nacht der Walburga, die Endung auf -is ist dem Genitiv geschuldet. Mag sein, dass die auch bei uns zur katholischen Heiligen gemacht wurde, bzw es eine solche Heilige gibt. Ein Walburga ist ursprünglich die Retterin aus der Schlacht, also neudeutsch eine Sanitäterin. Da die ursprünglichen germanischen Gebräuche nur gebrochen und gefiltert überliefert wurden, kann man über die Zusammenhänge mit der "Wilden Jagd" mehr spekulieren als wirklich wissen. Man muss sich nur klar machen, dass es die letzten Ausläufer einer animistisch-schamanischen Weltsicht/Religion sind. Die Fasnachts-Umzüge dienten ja ursprünglich auch der Vertreibung der Schadgeister und gleichzeitig war Fasnacht auch Ende des Rechnungsjahres und eine Zeit der Bereinigung sozialer und materieller Schulden. Heute ist der Karneval bei uns auch nur noch Besäufnis (und damit an der Zeit, endgültig beerdigt zu werden!).