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Volkszählung in ChinaDie Suche nach "illegalem" Nachwuchs

In China erhoffen sich die Planer der Partei Auskunft über die Zahl der Wanderarbeiter und "illegalen" Kinder. Sie versprechen Datenschutz – nur glauben ihnen das viele nicht.

Viele Chinesen leben in einer rechtlichen Grauzone. Bild: reuters

PEKING taz | Die größte Volkszählung aller Zeiten hat am Montag in China begonnen. Zehn Tage lang werden rund 6,5 Millionen Rentner, Studierende, Beamte und andere Freiwillige landesweit von Haus zu Haus ziehen, um Antworten zu finden auf die Fragen: Wie viele Frauen und Männer leben heute in China? Wie alt sind sie? Und wo genau leben sie?

Die Ergebnisse sollen den Planern helfen, sich besser auf die Zukunft einzustellen. "Die Volkszählung ist sehr wichtig – für die künftige Geburtenkontrollpolitik zum Beispiel, für die Sozialversicherung, Stadtplanung oder Wasserversorgung", sagt Wang Xinhai, Umwelt- und Demografieforscher der Universität Peking. "Nur wenn wir wissen, wie viele Menschen wo leben, können wir entscheiden, wo sinnvollerweise neue Siedlungen entstehen oder wo Eisenbahnlinien gebaut werden."

Beim letzten großen Zensus im Jahr 2000 wurden offiziell 1,29533 Milliarden Einwohner gezählt. Seither hat sich das Gesicht der Volksrepublik stark gewandelt: Vielerorts stehen Fabriken und Wohnblocks, wo damals noch Reis oder Mais wuchs. Millionen Bauern arbeiten inzwischen auf dem Bau oder in städtischen Fabriken.

Wie viele Wanderarbeiter es genau sind, weiß niemand. Mal ist von 130 Millionen die Rede, mal von 230 Millionen oder mehr. Soziologen berichten, dass sie in vielen Dörfern fast nur noch alte Leute und ein paar Kinder antreffen.

Die Medien haben die Chinesen seit Wochen aufgefordert, den Zensus zu unterstützen. Achtzehn – oder bei einem Zehntel der Haushalte sogar 45 – Fragen sollen beantwortet werden, unter anderem nach Alter, Geschlecht, Volksgruppe, Ausbildung, Kinderzahl und offiziellem Wohnort. Niemand muss jedoch Auskunft über sein Einkommen geben oder ob er einer Religion angehört.

Der Zensus ist nicht populär. Im Internet und in den Zeitungen wird debattiert, ob den Beteuerungen der Behörden zu trauen ist, die Daten vertraulich zu behandeln. Der Grund: Viele Chinesen leben in einer rechtlichen Grauzone – wegen der strikten Geburtenpolitik, wegen des komplizierten Meldesystems oder weil sie wie die Bürger anderer Länder ungern Steuern zahlen und deshalb ihre Wohnungen nur heimlich vermieten.

In dieser Grauzone lebt etwa Frau Li. Sie zog vor acht Jahren aus ihrem Dorf in der Provinz Henan nach Peking. Sie kaufte sich ihre Pekinger Haushaltsregistrierung ("Hukou") auf dem Schwarzmarkt für einen mehrfachen Jahreslohn. Doch unter ihrer offiziellen Adresse wird man sie nicht finden. Sie lebt woanders. "Das werde ich aber nicht verraten", sagt sie.

In der Industrie- und Wanderarbeitermetropole Dongguan im Süden Chinas leben etwa acht der zehn Millionen Bewohner ohne örtliche Meldepapiere. "Das ist gar nicht zu kontrollieren", sagt der Pekinger Forscher Wang. Die Wahrheit sagen oder nicht?

Diese Entscheidung fällt besonders jenen Familien schwer, die "schwarze Kinder" haben. So bezeichnen Chinesen Mädchen und Jungen, die nirgends registriert sind. Es sind in der Regel Zweit- oder Drittkinder, die illegal geboren wurden, nachdem die Einkindpolitik Ende der 70er Jahre eingeführt wurde.

Chinas Demografen schätzen ihre Zahl auf 10 bis 40 Millionen. Einige haben inzwischen selbst eigenen unregistrierten Nachwuchs. Die Regierung hat versprochen, dass die heimlichen Kinder legalisiert werden können, wenn die Eltern jetzt ihre Existenz gestehen. Aber die sehr hohe Geldstrafe für den Verstoß gegen die Einkindpolitik wird nur etwas reduziert, was womöglich nicht reicht, ehrliche Antworten zu erzielen.

Die Volkszählung "wird wahrscheinlich nur zu 90 Prozent korrekt", sagt Wang, "aber damit rechnen die Behörden." Sind die Ergebnisse im April bekannt, werden die Chinesen und der Rest der Welt erneut staunen, wie sehr sich das Land verändert hat.

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6 Kommentare

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  • N
    nichtlustig

    @"Richtigstellung"

     

    Nun ja, dann solltest Du tatsächlich alles richtig stellen und keine Propaganda verbreiten - aber wer weiß, wo Du Dich gerade befindest.

     

    Schon mal eine Unterhaltung mit Tibetern gehabt? Und nicht nur mit einem, sondern mit vielen, vielleicht sogar den älteren?

    Denn seltsamerweise waren sie ganz bis sehr zufrieden mit ihrem Leben und schildern auch viele Sachen vollkommen anders, als Du sie hier propagandierst.

     

    Allerdings treffen einige von Dir aufgeführten Umstände/Mißstände tatsächlich zu - doch gibt dies einem Staat das Recht, eine Bevölkerungs-/Kulturgruppe mit aller Gewalt zu unterjochen und ihr Lebensstände aufzwingen, welche nicht die ihren sind??

     

    Desweitern - einige nachweisbare Fakten:

     

    1,2 Mio. Tibeter, ein Fünftel der Bevölkerung, sind getötet worden oder Hungers gestorben.

     

    Mind. 6245 Klöster sind zerstört, ihre Wertgegenstände entweder eingeschmolzen oder verkauft.

    (Mönche mussten sich öffentlich mit Nonnen paaren und Heiligenbilder schänden, bevor sie in die immer zahlreicher werdenden Arbeitslager in Amdo und Gansu geschickt wurden - wenn sie nicht vorher niedergemetztelt wurden)

     

    60 Prozent von Tibet literarischem Erbe wurde verbrannt.

     

    Die Provinz Amdo ist zum größten Arbeitslager der Welt geworden, das schätzungsweise 10 Mio. Gefangene aufnehmen kann.

     

    Jeder zehnte Tibeter war im Gefängnis, Hunderttausende in Arbeitslagern.

     

    Ganze Bergketten wurden abgeholzt und Tibets einzigartige Flora und Fauna zerstört.

     

    Bergnagtschen hat vollkommen recht - dies nennt man Holocaust, wobei Genozid auch ein treffender Begriff wäre.

  • R
    Richtigstellung

    @Bergnagtschen:

     

    Natürlich ist China eine Diktatur, aber diesen Unsinn von einem Holocaust an den Tibetern will ich doch mal richtigstellen:

     

    Der Anschluss Tibets an China hat die Tibeter tatsächlich von einem mittelalterlichen Terrorregime befreit. Im alten Tibet unter der Herrschaft der Lamas waren 95% der Tibeter Leibeigene, 98% waren Analphabeten, Bildung und Gesundheitsversorgung fanden nur in den Klöstern statt. Es gab keine Schule, kein Krankenhaus. Zugang zu Bildung bestand nur für 2% der Bevölkerung, nämlich Mönche und Adlige. Der Grundbesitz war zu 100% im Eigentum der Klöster. Ein System von Abgaben an die Klöster zwang die Menschen, ihre Kinder in die Leibeigenschaft zu verkaufen. Die Säuglingssterblichkeit lag bei über 50%, die Lebenserwartung bei 40 Jahren, wohlgemerkt alles im 20. Jahrhundert.

     

    Und heute? Der Unterricht in den Schulen ist in den ersten 3 Schuljahren ausschließlich in Tibetisch, später lernen die Kinder Chinesisch. Das ermöglicht ihnen die Teilhabe im Berufsleben in einem modernen Industriestaat (bei allen Einschränkungen, die eine Diktatur ausmachen, aber es gibt keine Benachteiligung aufgrund ihrer Nationalität). Es bestehen weiterhin die Klöster und Jungendliche können Mönche werden (allerdings wahrscheinlich mit zahlenmäßiger Begrenzung durch die Zentralregierung). Heute muss ein Jugendlicher aber mind. 16 Jahre alt sein, um Mönch zu werden. Eine Prägung bereits als Kleinkind ist damit nicht mehr möglich.

     

    Wie für alle nationalen Minderheiten in China gilt auch für die Tibeter die Ein-Kind-Regel nicht. Seit 1959 hat sich die Bevölkerungszahl der Tibeter um ca. 50% erhöht (Holocaust?). Ein Beispiel am Rande: China lässt für die gerade 2 Mio. Tibeter eine eigene Windows-Version in Tibetisch produzieren.

     

    Und der Dalai Lama, das selbsternannte geistige Oberhaupt der Tibeter? Ein hochprofitables Familienunternehmen. Durch die Horrorgeschichten von der angeblichen Unterdrückung der Tibeter kommt weltweit ein riesiges Spendenaufkommen in seine Kassen. Dazu kommen Einkünfte von der US-Regierung und Einkünfte aus dem Tibetischen Staatsschatz, den er 1959 mitgenommen hat.

     

    Viele Berichte die wir hier über China und insbesondere über Tibet in den offiziellen Medien finden, sind schlichtweg Propaganda. Dessen sollte man sich bewusst sein, bzw. werden.

  • L
    linsenspaeller

    Eine strikt kontrolliertes Privileg, Kinder in die Welt setzen zu dürfen, das ist genau das, was uns hier in Mitteleuropa fehlt. Ich habe die Chinesen für ihre Konsequenz in der Einkindpolitik bewundert. Man stelle sich mal vor, die hätten das gehandhabt wie andere Dritte-Welt-Länder, da gäbe es heute 3 Mr Chinesen.

     

    Es ist auch unfair, da immer den Tibet als abschreckendes Beispiel zu bemühen. Ein autonomer Tibet mit seinen vielen Bettelmönchen wäre nicht nur eines der ärmsten Länder der Welt sondern auch überhaupt nicht westlich orientiert, eher vergleichbar dem Bhutan. Als strategischer Spielball der Weltmächte würden man dort Kompromisse eingehen müssen, die noch über das hinaus gehen, was die Chinesen verlangen.

  • SS
    Susi Sorglos

    Natürlich wird über China stets wohlwollend berichtet. Die »Millionen Wanderarbeiter« sind doch schließlich jene Sklaven, die all das herstellen, was wir am Leibe tragen und in unseren Wohnungen rum steht. Ist doch toll, daß die dortige Regierung unseren Konzernlenkern Kosten und Mühe der Versklavung abnimmt...

  • H
    hann0s

    Wieso sollte die eine Krähe der anderen denn ein Auge aushacken?

  • B
    Bergnagtschen

    China ist eine Diktatur, inklusive einem Holocaust an den Tibetern, in der es keine freie Meinungsäußerung, keine freie Presse, keine (mehr oder weniger) unabhängige Justiz und keinen freien Kontakt der Menschen mit dem Rest der Welt gibt.

     

    Wen wundert es also?

     

    Jeder andere Diktatur in diesem Ausmaß würde und wäre weltweit geächtet.

     

    Aber da die übrigen Nationen mit dafür gesorgt hat, daß China zu einer übermächtigen Wirtschaftsnation aufgestiegen ist, wird jetzt von allen Seiten ein Kotau teilweise widerlichster Art dargeboten.

     

    Menschenrechte?? Datenschutz?? Wie bitte?? Wen interessiert's??