: Volksschule als Kulturbau
■ Fritz Schumacher entwarf in Hamburg 34 Schulen / Eine Ausstellung im Schulmusuem Von Kaija Kutter
Für manchen sind es häßliche dunkle Kästen, die Gebäude der Schule auf der Veddel oder der Gesamtschule Meerweinstraße zum Beipiel. Fünf, sechs Stockwerke hoch türmen sich die Klassenzimmer, gebaut auf engem Schulgrund im sogenannten „Massenbau“, wie er früher üblich war.
Ein Besuch in der neuesten Ausstellung des Hamburger Schulmuseums belehrt uns eines Besseren. Fritz Schumacher, Hamburger Oberbaudirektor bis 1933 und Architekt von insgesamt 34 Schulen, hat viel für die Menschlichkeit im Schulwesen getan. So hat er in der Weimarer Republik auch den „Volksschulbau als Kulturbau definiert“, wie es Museumsleiter Reiner Lehberger erklärt. Denn Volksschulen hatten früher nicht einmal eine Turnhalle oder einen Naturkunderaum. Sie waren die Massenschulen für 90 Prozent der Bevölkerung, die künftige Bildungselite wurde in separaten Grundschulen aufgezogen.
Kleine Keramikfiguren, bunt glasiert, am Portal der Schule Tieloh in Barmbek zeugen vom Willen des Oberarchitekten, bei seinem ersten Schulbau 1914 Liebe ins Detail zu legen. Doch der hohe Bau beherbergte noch keinen einzigen Werk- oder Naturkunderaum. Auch das Mobiliar bestand aus unbequemen, miteinander verbundenen Schulbänken. Die Reform-pädagogen der Weimarer Republik, auch am Tieloh tätig, schufen sich Werkräume auf eigene Faust im Dachgeschoß, erläutert Reiner Lehberger. Auch die Bänke wurden voneinander getrennt und einfach umgestellt. Ein Foto in der Ausstellung zeigt, daß es ein Lehrer seinen Schützlingen gar erlaubte, auf den Tischen zu stehen.
Schumacher lernte von seinen Fehlern, ließ sich von den Lehrern beraten. Der zweite Schulbau an der Ahrensburger Straße – heute Schule Krausestraße – beherbergte nicht nur Werkräume, er wurde auch als Stadtteilschule konzipiert. Wie eine „Pforte“ (Schumacher) steht das halbrunde Haus an der vordersten Ecke der Dulsbergsiedlung. Schule Burgstraße, Lichtwarkschule, Johanneum, eigentlich gibt es kaum ein Schulgebäude der 20er Jahre, das nicht auf Fritz Schumachers Zeichenbrett entstand. Oft verwendetes Erkennungszeichen: eine Uhr im Dachstuhl mit Plattform zum Sternegucken.
Vor allem in der zweiten Hälfte der 20er, als Schumacher finanzielle Spielräume hatte, entwickelte er Schulbauten, die auch den reformpädagogischen Forderungen entgegenkamen. Am deutlichsten zu sehen an der Schule Walddörfer in Volksdorf (1929). Die Räume türmen sich nicht mehr übereinander, fast jede Klasse hat einen Zugang zum Freien. Das Konzept der dezentralen „Schule im Grünen“ ist bis heute Standard geblieben.
Bis zum 30.6., Di-Do 10-16 Uhr, Fr 10-15.30 Uhr, Neustädter Straße 60. Führungen auf Anfrage: Tel. 35 29 46
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen