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■ Volkspark-KickEine neue Ära ?

Bemühen wir einmal die Tierwelt: Für seine 39 Jahre ist Benno Möhlmann schon ein alter Fuchs. Dem neuen Sympathieträger des Hamburger SV haben 53 Bundesliga-Spiele als Chefcoach ausgereicht, um aus einem mutlosen Abstiegskandidaten einen Titelanwärter zu formen. Zu seinem fachlichen Geschick kommt psychologisches Gespür, auch wenn er stets selbst in hanseatischer Zurückhaltung betont, noch jung im Geschäft zu sein und noch vieles lernen zu müssen. Möhlmann scheint auch vor dem Hit gegen Bayern München am Sonntag das rechte Maß gefunden zu haben, seinem Team das nötige Selbstbewußtsein zu vermitteln, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren.

Hoppla, hier kommt Möhlmann. „Wir können uns nur selbst schlagen. Wenn wir unsere beste Leistung bringen, werden wir das Spiel schon gewinnen“, sagte er in für ihn ungewohnt kernig klingender Offenheit. Der Mann ist von seiner Mannschaft halt überzeugt und begegnet damit der Gefahr, daß der Respekt vor der übermächtig scheinenden Fußball-Figur Franz Beckenbauer auf der Seite der Bayern allzu groß wird. Der „Kaiser“, so schwört der Coach seine Männer ein, werde den HSV schon nicht daran hindern, „das Spiel nach unseren Vorstellungen zu gestalten.“

Drei Faktoren machen nach Einschätzung des Trainers den verblüffenden Hanseaten-Vormarsch aus: Die zu Saisonbeginn verpflichteten neuen Spieler haben sich fast ausnahmslos als Verstärkung erwiesen. Außerdem rühmt Arbeitsbiene Benno die Leistungswilligkeit seiner Profis, „die hundertprozentig bereit sind, das Geforderte umzusetzen“. Und: „Der Zusammenhalt dieser Mannschaft ist trotz einiger schwieriger Typen groß. Keiner tanzt aus der Reihe.“ Der unter seiner geschickten Regie zum Vorbild und zur Persönlichkeit gereifte Kapitän Thomas von Heesen machte die Eigendynamik des Erfolges aus: „Wenn es erst einmal läuft, dann läuft es eben.“

„Spieler sind nicht dumm“, sagt Vernunftmensch Möhlmann und verbreitet seine Lehren mit einfachen Herberger-Theorien: „Das nächste Spiel ist immer das schwerste. Wir denken immer nur von Spiel zu Spiel und geben unser Bestes.“ Für Meisterschafts-Phantasien sei einfach noch nicht die Zeit. Realist Möhlmann weiß, daß der HSV erst auf dem Weg ist, eine wirklich gute Mannschaft zu werden. Am Format eines Meisterteams, so wie man es sich vorstellt, fehle es noch – doch bei wem in dieser Saison nicht? Der Coach: „Wir haben keinen Höhenflug. Wir haben lediglich im Rahmen unserer Möglichkeiten konstant gespielt in einer noch nicht so stabilen Lage.“

Das greifbare Ziel bleibt ein UEFA-Cup-Platz. Das HSV-Präsidium liegt seinem Hoffnungsträger schon zu Füßen und träumt von einer neuen Ära a la Ernst Happel. „Mit diesem Trainer werden wir durch dick und dünn gehen. Wir gewinnen zusammen und wir werden, wenn es einmal so kommt, auch gemeinsam verlieren.“ Präsident Ronald Wulff kündigt eine dauerhafte Beziehung an. dpa

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