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Volksbegehren zu Wasserverträgen"Das Anliegen darf man nicht verändern"

Am 13. Februar sollen die Berliner über den Gesetzesentwurf des Wassertischs entscheiden. Auch wenn die Verträge offen liegen - einen realistischen Weg, den Volksentscheid zu stoppen, gibt es nicht

An die Wahlurne: Der Senat hat den Volksentscheid über die Wasserverträge, den bislang drtitten in Berlin, auf den 13. Februar festgesetzt. Bild: AP
Interview von Svenja Bergt

taz: Frau Michaelis-Merzbach, das Volksbegehren über die Offenlegung der Wasserverträge war erfolgreich, nun soll es am 13. Februar einen Volksentscheid geben. Was könnte den noch verhindern?

Petra Michaelis-Merzbach: Nach der Verfassung von Berlin muss ein Volksentscheid stattfinden, wenn ein Volksbegehren erfolgreich war. Die einzige Möglichkeit, den Volksentscheid noch zu verhindern, wäre, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin den von der Initiative vorgelegten Gesetzesentwurf übernimmt.

Gilt das auch, wenn die Forderung der Initiatoren, die Verträge offenzulegen, jetzt de facto vom Senat bereits erfüllt worden ist?

Das Volksbegehren und auch der Volksentscheid beziehen sich ja nicht nur auf die Offenlegung der Verträge. In dem Gesetzentwurf sind noch andere Regelungen mit drin. Und ab einem bestimmten Zeitpunkt hat die Trägerin eines Volksbegehrens keine Möglichkeit mehr, es zurückzuziehen.

Ab wann ist das der Fall?

Wenn der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens im Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Dann ist keine Rücknahme mehr möglich. In diesem Moment geht die Verantwortung von den Initiatoren auf mich als Landesabstimmungsleiterin über.

Muss denn das Abgeordnetenhaus den Gesetzesentwurf der Initiative 1:1 übernehmen, um einen Volksentscheid zu verhindern?

Im Gesetz heißt es, der Entwurf muss "inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert" übernommen werden. Marginale Änderungen wären also möglich. Aber das Anliegen des Gesetzesentwurfs darf nicht verändert werden.

Bei dem Gesetzentwurf zu dem Wasser-Volksentscheid gibt es zwischen der Initiative und dem Abgeordnetenhaus vor allem in einem Punkt Konflikte: In dem Entwurf steht, dass Verträge, die nicht offengelegt werden, damit quasi automatisch null und nichtig sind. Das halten die meisten Abgeordneten für verfassungswidrig. Würde die Initiative nun auf den strittigen Punkt verzichten - wäre das Gesetz mehr als marginal verändert?

Ja, damit wäre der Entwurf wohl in einem wesentlichen Bestandteil verändert.

Wer würde das im Konfliktfall entscheiden?

Das ist eine sehr hypothetische Frage, da ich keine Anhaltspunkte habe, dass das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf der Initiative mit kleinen oder größeren Änderungen übernehmen will. Aber wenn es Streit über so einen Fall geben würde, dann würde letztlich das Berliner Verfassungsgericht entscheiden.

Nehmen wir mal an, es gibt eine Einigung, aber einer der 280.000 Unterzeichner des Volksbegehrens ist damit nicht einverstanden, weil er findet, dass eine wesentliche Passage fehlt. Kann er dagegen vorgehen?

Dazu würde es gar nicht erst kommen. Denn wenn der Gesetzesentwurf der Initiative vom Abgeordnetenhaus mehr als nur marginal verändert wird, muss ich als Landesabstimmungsleiterin einen Volksentscheid durchführen. Da hilft auch eine Einigung nichts.

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4 Kommentare

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  • VJ
    von jo

    @von Lucanus:

    Lieber Lucanus, komm auf jeden Fall wählen! Wir brauchen jede Stimme. Um auf über 610.000 Ja-Stimmen zu kommen - und das, wo Presse und Politik gegen uns schießen - ist noch einige Anstrengung nötig.

    Briefwahl geht natürlich auch :-)

     

    Ansonsten gibts Neuigkeiten und viele Materialien zum Thema unter:

    http://berliner-wassertisch.net/

     

    Den Trailer zu dem sehenswerten Film WATER MAKES MONEY - ein Muss zu dem Thema Wasserprivatisierung und Veolia -, der vor wenigen Wochen rausgekommen ist, kann man unter anderem unter:

    http://www.gazette.de/

    einsehen oder natürlich gleich auch auf deren Homepage:

    http://www.watermakesmoney.com/

     

    Danach kann keiner mehr sagen, er habe von nichts gewusst.

    Es geht hier mehr als nur um Berlin.

     

    Viele Grüße

  • D
    daweed

    Das Bundesland Baden-Würtenberg ist diese Woche wieder bei EnBW eingestiegen. Also lässt sich soetwas selbst im Konservativen BW regeln, dass die Konzerne auch im Auftrag der Bürger arbeiten.

     

    Nur reicht das? Mann sollte doch im Ganzen Bundesgebiet über solche Maßnahmen nachdenken. Grundversorgung und Gewinnmaximierung sollten sich immer ausschließen!

     

    Warum gibt es keinen Volksentscheid über die Rückabwicklung des Verkaufs der Wasserwerke?

    Bla, bla ist parlamentarisch nicht durchsetzungsfähig würden viele sagen. Ist es aber bestimmt wenn man das nur scharfzüngig genug betreibt!

  • L
    Lucanus

    @jo: Danke, muss ich also am 13.2. nach Berlin zum Abstimmen.

  • VJ
    von jo

    Liebe TAZ, bitte hört endlich auf zu suggerieren, dass der Volksentscheid überflüssig wäre.

    Das ist er nämlich ABSOLUT NICHT!

     

    1. Wir wissen immer noch nicht, ob alles offengelegt wurde. Zu vermuten ist, dass dem NICHT so ist. Denn hier geht es nicht nur um den Vertrag, sondern auch um Nebenabreden etc. Nur eine Offenlegung kann Sicherheit bringen.

     

    2. Durch die Bank weg versuchen die Parteien den Volksentscheid scheitern zu lassen. Und sie wissen auch warum. Man kann hier gerade KEINER Partei, wirklich KEINER trauen. (Die Juristin Frau Dr. Fugmann-Heesing wird von der SPD auch wieder für nächstes Jahr aufgestellt, obwohl sie eine der treibenden Kräfte in der Wasserprivatisierung war und derzeit fröhlich weiter privatisiert (jetzt ist wohl die Charite dran)).

     

    Als dringende Leseempfehlung: Ralf Wurzbacher brachte es bezüglich des Volksentscheids am 3.12. in der "Jungen Welt" auf den Punkt:

    http://www.jungewelt.de/2010/12-03/031.php?sstr=Ablenkungsmanöver

     

    Mit freundlichen Grüßen