Völkische Anastasia-Bewegung: Siedler im Verfassungsschutzblick
Die Anastasia-Bewegung baut Siedlungsprojekte auf, kultiviert Antisemitismus. Der Verfassungsschutz stuft sie als Verdachtsobjekt ein.
Die Anastasia-Bewegung verfolgt bereits seit Jahren hierzulande ihre Siedlungsprojekte, zuletzt sorgte ein größeres im Brandenburgischen Grabow für Aufsehen. Die Gemeinschaft bezieht sich ideologisch auf die zehnteilige „Anastasia“-Buchreihe des russischen Autors Wladimir Megre, in der das eremitische Leben einer 26-Jährigen beschrieben wird, die in der sibirischen Taiga naturverbunden lebt und die „Wahrheit der Menschheit“ verbreiten soll.
Die Anhänger der Bewegung folgen dieser Idee und versuchen diese in eigenen Siedlungen umzusetzen. Solche gibt oder gab es etwa in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Bayern oder Niedersachsen.
Nach taz-Informationen wirft das Bundesamt für Verfassungsschutz der Buchreihe vor, dass dort „antisemitische Ressentiments verbreitet und sich dabei auch klassischer Stereotypen eines sozialen, politischen wie auch religiösen Antisemitismus bedient“ werde. Auch enthalte die Reihe „demokratiefeindliche und rassistische Inhalte“.
Juden werden als Strippenzieher dargestellt
So listet der Verfassungsschutz auf, dass dort Juden die Geldflüsse und die Presse verschiedener Länder unter ihre Kontrolle gebracht hätten, auch das Fernsehen sei „jüdisch“. Juden würden als „Droh- und Strippenzieher“ dargestellt, die Wirtschaftskrisen oder Kriege anzettelten. Die Demokratie werde als „gefährlichste Illusion“ bezeichnet.
Wiederholt war die Bewegung auch mit Kontakten zu Rechtsextremisten, Reichsbürgern und der Holocaustleugnerszene aufgefallen. Auch Verfassungsschutzpräsident Haldenwang verweist auf diese Vernetzung. „Wir nehmen Verbindungen von Akteuren der Anastasia-Bewegung zu Reichsbürgern und Selbstverwaltern wahr“, sagte er der taz. „Eine mögliche Gefahr durch die Anastasia-Bewegung besteht in derartigen Vernetzungen und dem daraus entstehenden Rekrutierungspotenzial.“ Man habe diese Bestrebungen „aufmerksam im Blick“.
Auch Brandenburg machte Einstufung öffentlich
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet die Anastasia-Bewegung in Versuche der rechtsextremen Szene ein, sich durch Siedlungsprojekte Rückzugsräume zu schaffen. Zum einen soll so ein autarkes Leben unter Gleichgesinnten geführt, zum anderen auch das gesellschaftliche Leben vor Ort mitbestimmt werden.
Am Mittwoch hatte bereits das Brandenburger Landesamt für Verfassungsschutz publik gemacht, dass es die Anastasia-Bewegung als extremistischen Verdachtsfall eingestuft hat. Diese weise Elemente auf, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar seien, erklärte auch dort Präsident Jörg Müller.
Mit der Einstufung als Verdachtsfall kann der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel wie Observationen oder Telekommunikationsüberwachung gegen die Gruppierung einsetzen.
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