: Viva Mexikana
■ Teresa Estrada: Rockig gegen die lateinamerikanischen Machos in der Musikszene Von Birgit Maaß
„Mit meinen Songs werde ich die Welt nicht ändern, aber ich kann zeigen, wie die Realität in meinen Augen aussieht. Und ich kann Beispiele geben, wie es besser sein könnte.“ Die Rocksängerin Teresa Estrada ist in ihrem Heimatland Mexico noch so etwas wie ein Paradiesvogel: Frauen, die sich musikalisch zu Wort melden, gar „Boss“ einer Band sind, gibt es in der lateinamerikanischen Männerkultur sehr wenige. Diese Machokultur ist es, die Teresa Estrada in ihren Liedern beschreibt, und die sie durch ihr Vorpreschen im Rockbusiness ändern will.
Die gelernte Soziologin engagiert sich seit sechs Jahren in der mexikanischen Musikszene, spielte in verschiedenen Rock-, Blues- und Folkgruppen, bis sie 1990 mit vier männlichen Kollegen ihre heutige Band Esquina Bajan formierte. Dort ist die zierliche 25jährige eindeutig die treibende Kraft: Sie schreibt sowohl die spanischen Texte als auch die Musik. Zwar sagt sie, sie versuche eine Balance zwischen Musik und Lyrics herzustellen, aber sie redet doch lieber über ihre Texte: „Ich fühle mich wie ein Barde früherer Zeiten, der herumzieht und den Leuten Geschichten erzählt. Ich bewege mich in den verschiedensten Lebenszusammenhängen und sauge die Stimmungen auf. Am Ende wringe ich dann einen Song aus mir heraus.“
Die Musik von Esquina Bajan wird in Mexico als „Urban Rock“ bezeichnet, weil es in den Texten um das Leben in der Großstadt geht. Wichtiger noch sind für Teresa Estrada die Probleme von Frauen, wie sie besonders im Musikgeschäft offensichtlich werden: „Ich habe es schon erlebt, daß man mir vorschlug: 'Gut, ich mache aus dir einen Star, aber du weißt, zu welchem Preis'.“
Für mexikanische Frauen sei diese Erfahrung keine Seltenheit, insbesondere nicht für diejenigen, die selbstbewußt eine berufliche Karriere anstreben. Als Feministin bezeichnet sich die Musikerin nur ungern: „'Feministin' wird bei uns oft als Schimpfwort benutzt. Männer haben sich geweigert, mit mir zusammenzuarbeiten, weil sie glaubten, ich sei eine Feministin. Dabei kämpfe ich nur um einen Freiraum für Frauen.“
1991 organisierte Teresa Estrada das erste mexikanische Festival von Rockmusikerinnen, an dem 25 Frauen teilnahmen. Das zarte Pflänzchen der weiblichen Rockbewegung hatte auch hier mit einem typischen Problem zu kämpfen: Zwar gab es reichlich Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, denn die meisten Frauen kannten sich vorher nicht. Aber in finanzieller Hinsicht gab es einige Schwierigkeiten – laut Teresa wegen der Geldgier der wenigen beteiligten Männer.
Teresa Estrada gibt heute um 21 Uhr ein Konzert im Monsun Theater und ist dort vom 16. bis zum 18. Juli zu Gast in der Theaterperformance Tiempo Para Una Agenda Latin
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